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Lógoúin im Jahr 1957 |
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Malerisch gelegen am Fuß des Bmaennnnohgwh: Die Moórgenglaghaýnn-Destille |
Wer Aodhán Lógoúin nur aus der Zeitung und dem Fernsehen kannte, bewunderte ihn, den erfolgsverwöhnten Eigenbrötler aus dem kleinen gälischen Dorf Moórgenglaghaýnn. Doch Freunde und Wegbegleiter erzählten in Interviews immer wieder, wie unberechenbar er war – ihr Narrativ ist ein anderes als das der Medien. Als „unangenehm sarkastisch“ und „ironisch bis zum Gehtnichtmehr“ beschrieb ihn eine Bekannte in einem Interview von 1955. Als „krankhaft“ und „pervers“ bezeichnete ihn der langjährige Bürgermeister Moórgenglaghaýnns Toddy Crranoybhw. Lógoúins Schwester Cailin hat sich schon früh öffentlich von ihm losgesagt und 1961 in einem längeren Interview von Lógoúins Sucht, Selbstdarstellung betreiben zu müssen, gesprochen. Dabei, so Cailin, habe er die merkwürdigsten Rollen gespielt. So hat er über einen Zeitraum von zwei Jahren konsequent nur in gebrochenem Deutsch geredet und sich zu dieser Zeit „General August von Stockwitz“ genannt. Außerdem habe er größten Genuss daran gefunden, Menschen zu täuschen. Er lief über fünf Jahre auf eine Weise, als sei er halbseitig gelähmt. Die Öffentlichkeit glaubte deshalb, er habe einen Schlaganfall erlitten. Schließlich löste er den „Scherz“ in einer Trauerrede, die er für einen verunfallten Freund hielt, auf. Seine „unerträglichen Geschmacklosigkeiten“ seien endlos gewesen, so seine Schwester.
All diese privaten Details ergänzen das Bild, das wir von
Aodhán Lógoúin bislang hatten. Doch seit vergangener Woche hat sich dieses Bild
noch einmal gehörig verändert. Denn dort wurde sein letzter Wille erfüllt:
Seine Tagebuch-Einträge vom 4. Oktober 1967 wurden posthum veröffentlicht. Was
hier zu lesen ist, wirft ein ganz neues Licht auf Lógoúin. Aber lassen Sie mich,
um alles Folgende besser einordnen zu können, zeitlich etwas springen. Im
Oktober 2007, also genau 40 Jahre nach dem Verfassen seiner Tagebucheinträge,
wurde in einer feierlichen Zeremonie ein 40 Jahre altes Moórgenglaghaýnn-Fass in
Flaschen abgefüllt mit dem Label „Finest brown barrell“ versehen. Whisky-Kenner
waren begeistert. Der „Brownie“, wie er von namhaften Whiskyliebhabern und
-kritikern schnell getauft wurde, erfuhr durchweg so positive Bewertungen wie
kein High-End-Whisky zuvor. Im Whisky
Telegraph, dem wichtigsten Spirituosenmagazin der Welt, erhielt der
40-jährige Tropfen glatte fünf von fünf Eichenfässern. Eine Bewertung, die nur
zwei weitere Whiskys zuvor erhalten hatten. Seine „grundehrliche, bodenständige
Art, gepaart mit feinsten Aromen von Kaffee, dunkler Schokolade, rauchigem Torf
und einer zusätzlichen, nicht klar benennbaren Note, ist absolut einzigartig.
Dazu kommt eine unglaubliche Vollmundigkeit, das wohlig ölige Trinkgefühl sowie
ein über Tage nicht enden wollender Abgang, der den Whiskyfreund in bislang
unerreichte Genusshöhen führen wird.“ So
beurteilte James M. Smitheson in der Ausgabe 11/2007 des Whisky Telegraph den „Finest brown barrell“ Lógoúins. Schließlich
wurde im März 2008 eine der auf 750 Stück limitierten Flaschen für 72492
britische Pfund verkauft. Ein Rekorderlös, der alles Bisherige in den Schatten
stellte – ein Rekord-Whisky, keine Frage.
Im Jahr 2007 lag das Whiskygeschäft schon seit 12 Jahren in
den Händen Gywenn Lógoúins, dem Sohn Aodháns. Viel bekam Aodhán von dem Hype um
seine Kreation nicht mehr mit, er war seit einigen Jahren dement und lebte im
Pflegeheim. Doch weshalb hatte Aodhán Lógoúin sein Testament schon in den
1970er Jahren verfasst und sich gewünscht, dass seine Tagebuch-Einträge aus dem
Oktober 1967 nach seinem Tod veröffentlicht werden?
Hier die seit letzter
Woche öffentlichen Auszüge aus Aodhán Lógoúins Tagebuch in deutscher Übersetzung:
„4. Oktober (1967): Wie soll ich meine 40-Jahre-Sonderedition nur nennen? Wie
nur? ‚Finest brown barrell‘ vielleicht? Das klingt mir irgendwie zu albern.
Fässer sind immer braun. Besser wäre vielleicht ‚Loch Arthloch‘“
Anmerkung der Redaktion:
Alle Moórgenglaghaýnn-Sondereditionen waren mit besonderen Landschaftsnamen und
-bildern versehen worden. So gab es auch den „Loch Tay“ und den „Ben Macdui“. Der
spezielle 1967er Jahrgang bekam schließlich den Titel „Finest brown barrell“
und zusätzlich den sehr klein gedruckten Namenszusatz „Loch Arthloch“.
„4. Oktober (1967): Wer deutsch sprechen kann, wird schnell
Lunte riechen. Natürlich gibt es kein ‚Loch Arthloch‘ in Schottland! Das ist
Phantasie-Gälisch und soll ein dezenter Hinweis darauf sein, dass ich in das
Whiskyfass reingeschissen habe. Jawohl, reingeschissen. Liebe Whiskygenießer,
Sie werden das zu lesen bekommen, wenn ich gerade tot bin. Am 5. Oktober 2007
wird mein Scheiße-Whisky feierlich abgefüllt und unter die Leute gebracht.“
Nach weiteren Beleidigungen der Whiskytrinkerschaft geht Aodhán
Lógoúin in seinen Tagebucheinträgen etwas näher auf den Tathergang ein.
„4. Oktober (1967): Folgendermaßen habe ich meinen Whisky
‚veredelt‘: Ich habe mich heute Morgen gezwungen, ein Kilo Torf auf leeren
Magen zu essen. Anschließend habe ich Abführmittel genommen und den ‚Edeltorf‘
in einen Eimer geschissen. Diesen ‚Edeltorf‘ habe ich schließlich in ein Fass
mit stinknormalem Whiskydestillat gegossen und das ganze etwas hin- und
hergerollt. Jetzt heißt es abwarten!
…
Ich habe Torf als Ausgangsmaterial für das ‚Edelmus‘ verwendet, da ich einen gewissen Anspruch an meinen Whisky habe. Hätte ich Rollmops oder Hering in Tomatensoße gegessen, wäre der Whisky sicher versaut. Von Aodhán Lógoúin also nur das Beste.
…
Warum ich das ganze mache? Weil ich Whisky“kenner“ hasse. Dieses bescheuerte Getue um das Whiskytrinken kotzt mich an. Zuerst riechen sie stundenlang am Schnaps und sprechen von irgendwelchen beliebigen Gerüchen, die sie wahrnehmen würden. ‚Riecht nach Waldbeeren … und nach Banane … ganz toll dieser Whisky, eine herrliche Nase hat der.‘ Sowas sagen die wirklich! Der Whisky hat eine tolle Nase. Und dann dieses Rumgeschmatze auf dem Whisky! Wie die totalen Vollidioten sabbern diese Alkoholiker in den Schnaps. ‚Mjam … mjam, also ich schmecke da die Sherryfasslagerung raus … und schön die pfeffrige Eiche im Abgang, mjam … mjam‘. Was für Arschlöcher! Die tarnen ihren Suff mit Hochkultur. Dafür gibt’s von mir dieses Mal die volle Ladung Scheiße ins Glas. slàinte mhath, Ihr Penner!
…
Ich habe Torf als Ausgangsmaterial für das ‚Edelmus‘ verwendet, da ich einen gewissen Anspruch an meinen Whisky habe. Hätte ich Rollmops oder Hering in Tomatensoße gegessen, wäre der Whisky sicher versaut. Von Aodhán Lógoúin also nur das Beste.
…
Warum ich das ganze mache? Weil ich Whisky“kenner“ hasse. Dieses bescheuerte Getue um das Whiskytrinken kotzt mich an. Zuerst riechen sie stundenlang am Schnaps und sprechen von irgendwelchen beliebigen Gerüchen, die sie wahrnehmen würden. ‚Riecht nach Waldbeeren … und nach Banane … ganz toll dieser Whisky, eine herrliche Nase hat der.‘ Sowas sagen die wirklich! Der Whisky hat eine tolle Nase. Und dann dieses Rumgeschmatze auf dem Whisky! Wie die totalen Vollidioten sabbern diese Alkoholiker in den Schnaps. ‚Mjam … mjam, also ich schmecke da die Sherryfasslagerung raus … und schön die pfeffrige Eiche im Abgang, mjam … mjam‘. Was für Arschlöcher! Die tarnen ihren Suff mit Hochkultur. Dafür gibt’s von mir dieses Mal die volle Ladung Scheiße ins Glas. slàinte mhath, Ihr Penner!
...
Keine Sorge, in andere Whiskyfässer habe ich nicht geschissen. In dieses dafür so richtig!!!
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Keine Sorge, in andere Whiskyfässer habe ich nicht geschissen. In dieses dafür so richtig!!!
...
Soweit die Tagebucheinträge von Aodhán Lógoúin. Neben dem
Tagebuch, das verschlossen in seinem Nachttisch lag, lagerten auch zwei
Flaschen „Finest brown barrell“, die er mit einem handschriftlich beschriebenen
Zettel versehen hatte: „Zur chemischen Überprüfung der Behauptungen in meinem
Tagebuch. Erst nach meinem Ableben im Labor untersuchen lassen!“
Wie die Whiskywelt darauf reagieren wird, ist bislang kaum
abzusehen. James M. Smitheson, der den Whisky Lógoúins damals mit der Bestnote
versehen hatte, meldete sich bislang als einzige Kritikerstimme zu Wort. Er sei
entsetzt, dass er den Whisky so wohlschmeckend findet, schreibt Smitheson unverblümt
in einem längeren Facebook-Post. „Ich werde“, so Smitheson weiter, „meinen ‚Brownie‘
aber nicht wegschütten, da auch trotz der neuen Tatsachenlage der ‚Finest brown
barrel/Loch Arthloch‘ nach wie vor einer der besten Whiskys der Welt ist.
Vielleicht sogar der Beste. Außerdem wird man sehen müssen, wie sich der Wert
der Flaschen entwickelt. Es ist durchaus denkbar, dass eine Flasche in ein paar
Tagen nichts mehr wert ist, gleichzeitig kann mit diesem von langer Hand
geplanten Streich der Mythos des Aodhán Lógoúin immens wachsen und die Flasche
damit ihren Wert verdoppeln.“
Für die Moórgenglaghaýnn-Brennerei sieht er eine schwierige Zukunft kommen. „Wieviel Vertrauen wird man den Dünnpfiff-Panschern aus den schottischen Midlands noch entgegenbringen können? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich selbst noch jemals eine Flasche Moórgenglaghaýnn erwerben werde. Scheiße gehört einfach nicht in Whisky, egal wie spannend er dadurch schmeckt! Punkt!“
Für die Moórgenglaghaýnn-Brennerei sieht er eine schwierige Zukunft kommen. „Wieviel Vertrauen wird man den Dünnpfiff-Panschern aus den schottischen Midlands noch entgegenbringen können? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich selbst noch jemals eine Flasche Moórgenglaghaýnn erwerben werde. Scheiße gehört einfach nicht in Whisky, egal wie spannend er dadurch schmeckt! Punkt!“
Die Brennerei hat auf Ihrer Internetpräsenz eine
Entschuldigung veröffentlicht und „absolute Aufklärung“, sowie eine
„Transparenz-Offensive, die ihresgleichen sucht“, versprochen. Man werde alle
Jahrgänge bis zu Aodhán Lógoúins Weggang 1995 chemisch untersuchen lassen und
seine gesamten Tagebücher nach weiteren Hinweisen auf etwaige
„Fäkalbeimischungspläne“ durchforsten. Die Entschuldigung der Brennerei endet aber
in einem recht uneinsichtigen Ton, so schreibt Gywenn Lógoúin, der Sohn Aodhán
Lógoúins, dass „wir Schotten nun mal unberechenbar sind und man das so
hinnehmen muss.“
Update: Inzwischen haben sich weitere Whiskykenner und -kritiker zu Wort gemeldet:
Nikolaus von Kauffen (Whiskey-Wochenschrift): „Ich habe im Dezember 2007 den Whisky probiert und in meinem Urteil geschrieben, dass in wohl keinem anderen Scotch der Destille Moórgenglaghaýnn ‚so viel Aodhán Lógoúin drinsteckt, wie in diesem.‘ Ich muss kotzen!“
Maria McLughlin (social-media-Star und Whiskykritikerin): „Ich war die einzige angesehene Whiskykritikerin, die den ‚Brownie‘ nicht mochte. Ich habe damals sogar, ganz untypisch für mich, geschrieben, dass ich diesen besonders dunklen Single Malt ‚scheiße‘ finde. Ich würde mich über diese herrlich treffende Beschreibung freuen, wenn ich nicht auf der Stelle kotzen müsste!“
Giacomo Granturio (Kunstmäzen und Whiskysammler): „Ich habe 15 Flaschen vom ‚Loch Arthloch‘ im Keller. Wahnsinn! Eine Flasche ist inzwischen 100000 Pfund Wert. Das sind absolute Sammlerstücke!
Nachtrag: Die Moórgenglaghaýnn-Destille ist insolvent. Sie wurde vom Verband schottischer Whiskyfabrikanten ausgeschlossen und darf damit keinen Scotch mehr vertreiben. Glücklicherweise hat die Destille noch 200 Flaschen vom „Loch Arthloch“ übrig, die sie als Sammlerstücke verkaufen könnte. Ob sie mit dem Erlös der Flaschen den eigenen Untergang abwenden wird, zeigt die Zukunft. Vielleicht kann Gywenn Lógoúin wiederholen, was sein Vater Aodhán Lógoúin in den 1950er Jahren geleistet hat. Auf jeden Fall war die Moórgenglaghaýnn-Destille schon immer für Überraschungen gut. Ich bleibe dran.
Von Magdalena Stürf
Kommentare
Ich kann Sie beim besten Willen nicht erblicken!
Arrrh!
also ab Zeile 80 war ich gehooked.
Echt tight der Text!
Erst mal möchte ich mich für meinen Vornamen entschuldigen, aber so haben mich meine Eltern nun mal genannt.
Dann möchte ich bekennen, dass auch ich dem braunen Tropfen gegenüber nicht abgeneigt bin. Die Japaner stellen übrigens Wein aus menschlicher "Kacke" her, also warum nicht auch Whisky?
würde es Ihnen was auchmachen, weniger Anglizismen zu verwenden? Sie mögen es nicht glauben, aber wir haben hier Spielregeln.
@ Adolf Mönnich: Ich muss Sie leider korrigieren, Sie meinen den koreanischen Kackewein. Der kommt aus Korea.
Beste Grüße an Sie beide
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