KREM: Hallo und herzlich willkommen zu der ersten Ausgabe des Wissensmagazins „Wissen – gekonnt wie“. Mein Name ist Magdalena Stürf und ich sitze hier mit einem der führenden Mietrechtsexperten, Loderich Schmelsen. Herr Schmelsen, guten Tag!
Schmelsen: Guten Tag,
KREM: Herr Schmelsen, Sie sind Mietrechtsanwalt und können auf eine 33jährige Berufserfahrung zurückblicken. Viele unserer Leser*innen wohnen zur Miete. Uns haben zahlreiche Zuschriften zu diesem Sachverhalt erreicht.
Schmelsen: Das ist richtig. Bzw. war da schon eine Frage dabei?
KREM: Nein, das haben Sie richtig erkannt. Die erste Frage käme jetzt von Emel Galosch aus Gütersloh. Ich lese vor: Liebe KREM-Redaktion, ich habe in meiner Wohnung einen Indoor-Spielplatz angelegt mit 10 Tonnen Sand. Der Spielplatz wird von der Nachbarschaft/Kiez gut angenommen. Nun meint mein Vermieter, dies sei eine wohnungsfremde Nutzung, für die ich eine Genehmigung brauche. Mein Nachbar unter mir beschwert sich außerdem, daß permanent Sand herunterrieselt und seine Decke nach unten durchhängt. Jetzt frage ich mich, wie das rechtlich zu bewerten ist bei so einem Spielplatz. Viele Grüße an das Team, Ihr treuer Leser Emel Galosch
Schmelsen: Das ist ein interessanter Sachverhalt. Zunächst einmal vorweg, ich bin kein Statiker, da wäre ggf. separat zu prüfen, ob die Statik das quasi mitmacht. Darüber hinaus bin ich da ganz beim Vermieter: Sofern ein über den Haushalt wesentlich hinausreichender Personenkreis ein dauerhaftes oder wiederkehrendes Besitzrecht an der Mietsache begründet, ist die Zustimmung des Vermieters unabdingbar.
KREM: Oh, das war jetzt ein bißchen zu kompliziert für unser Publikum, fürchte ich. Also noch mal: Darf Herr Galosch seinen Spielplatz behalten?
Schmelsen: Es kommt darauf an. Wie ich schon sagte …
KREM: Uff, na das kann ja heiter werden. Achtung, Leute, Paragraphenreiter-Alarm!
Schmelsen:
KREM: Wollen Sie Ihre Zeile leer lassen.
Schmelsen: Ja, ich möchte darauf nichts erwidern.
KREM: Na gut. Zweiter Versuch. Wir holen uns mal Verstärkung. Guten Tag, Herr Lodarmehl.
Lodarmehl: Guten Tag.
KREM: Herr Lodarmehl ist Präsident des Deutschen Vermieterverbands DVV. Herr Lodarmehl, Sie haben gerade mitgehört, wie stehen Sie dazu?
Lodarmehl: Herr Galosch sollte mal den Bogen nicht überspannen, würde ich sagen.
Schmelsen: Ich wäre mit so einer Äußerung vorsichtig.
Lodarmehl: Ich kenne Leute wie Sie!
Schmelsen: Ich Leute wie Sie nicht.
KREM: Gut, da brennt schon ein kleines Feuer, merke ich! Herr Lodarmehl, der nächste Fall wird Ihre Geduld um eines mehr strapazieren, fürchte ich. Es handelt sich um eine Iris Ahnenreit aus Büskenmühle. Ich lese: „Liebe Redaktion, ich möchte mich meinem Vorredner anschließen – vielen Dank, Sie leisten hervorragende Arbeit! …“
Schmelsen: Woher kennt die denn ihren Vorredner?
Lodarmehl: Das hat der doch auch gar nicht gesagt.
KREM: Das ist sicher nur so eine Redewendung. Ich lese weiter: „Ich habe ein ähnliches Problem wie Herr Galosch …“
Schmelsen: Was wird hier gespielt?
Lodarmehl: Haben Sie die Briefe selbst geschrieben?
KREM: Äh … Nein, nicht daß ich wüßte, also …
Schmelsen: Was soll das heißen, nicht, daß Sie wüßten? Sie schließen es also nicht aus?
KREM: Ich … Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich hier in diesem Raum gelandet bin bzw. was ich vorher gemacht habe, ja, was ich überhaupt jemals vorher in meinem Leben gemacht habe. Deshalb weiß ich auch nicht, woher die Briefe kommen.
Schmelsen: Das ist ja allerhand … Aber jetzt, wo Sie es sagen: Ich kann mich auch nicht erinnern!
Lodarmehl: Sie waren doch mal Boxerin, Frau Stürf!
KREM: Echt? Woher wissen Sie das?
Lodarmehl: Keine Ahnung. Das war gerade so eine Eingebung. Mir geht es wie Ihnen: Ich kann mich an nichts erinnern, was vor Beginn dieses Gesprächs war. Aber plötzlich wußte ich, daß Sie mal Boxerin waren!
KREM: Stimmt, jetzt weiß ich es auch auf einmal. Sehr merkwürdig …
Schmelsen: Was geht hier vor?
KREM: Meine Herren, ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich schlage aber vor, wir vertagen das und kümmern uns erst mal um die Zuschriften unserer Mieter*innen, okay? Dafür werden Sie und ich schließlich bezahlt.
Lodarmehl: Werden wir bezahlt?
KREM: Ich … kann mich nicht erinnern. Aber das wäre ja komisch, wenn nicht!
Lodarmehl: Naja …
Schmelsen: Gut, machen wir weiter!
KREM: In Ordnung. Ich lese mal weiter vor: „… habe ein ähnliches Problem wie Herr Galosch. Ich wohne in einer Dachgeschoßwohnung und habe ein Zimmer zum Hubschrauberlandeplatz ausgebaut. Der Deckenöffnung hat mein Vermieter zwar zugestimmt, behauptet jetzt aber, daß er nicht zugestimmt hätte, wenn er gewußt hätte, was ich vorhabe. Darf mein Vermieter mir die Nutzung als Hubschrauberlandeplatz untersagen?“
Lodarmehl erbleicht etwas: Na da kann ich mich ja glücklich schätzen mit meinen Mietern!
Schmelsen: Ich schlage vor, wir sammeln erst mal ein bißchen.
KREM: Finden Sie? Aus meiner Sicht ist das ein sehr spezifischer Sachverhalt …
Schmelsen: Naja, gut. Also, in dem Fall gibt es keine Fremdnutzung, soweit geschildert. Mietrechtlich also tendenziell okay. Wie gesagt, ich bin kein Statiker …
Lodarmehl: Also entschuldigen Sie mal, aber das ist doch jetzt Blödsinn! Ich meine, ein Hubschrauberlandeplatz, ehrlich?
KREM: Warum schauen Sie mich an, ich weiß das nicht!
Lodarmehl: Und der Herr Mietrechtsanwalt weiß das, oder was?
Schmelsen: Ich … weiß es nicht. Es kommt mir so vor, als würden mir alle Worte in den Mund gelegt.
Lodarmehl: Sie machen es sich ja einfach! Aber Moment – ja, Sie haben recht! Ich sage etwas und weiß vorher überhaupt nicht, was.
KREM: Auch bei dem Satz gerade nicht? Also bei dem, bei dem Sie behaupteten, nicht vorher zu wissen, was Sie gleich sagen werden?
Lodarmehl: Nein, auch bei diesem Satz nicht! Da spielt irgendjemand ein perverses Spiel mit uns!
KREM: Puh, spooky! … Es tut mir leid, ich weiß nicht, warum ich jetzt „spooky“ gesagt habe. Das Wort gehört überhaupt nicht zu meinem aktiven Wortschatz – glaube ich …
Lodarmehl: Also ich habe jetzt keine Lust mehr! … Ich glaube, das kam jetzt von mir selbst, aus meinem Inneren quasi!
Schmelsen: Ich möchte gern noch einen Leserbrief hören!
KREM: Hm, na gut, dann lese ich noch einen, okay?
Lodarmehl: Sehr gern! Nein, bitte nicht! Ich kann’s kaum erwarten! Ich bin müde, ich will nach Hause!
KREM: OK, dann lese ich mal vor: „Liebes KREM-Team, auch von mir herzlichen Dank für eure Arbeit. Auch bei mir geht es um eine Nutzungsänderung. Ich habe bei mir im Bad den Boden rausnehmen lassen und ein Taucherbecken eingebaut. Wir wohnen im zweiten OG, und das Bad nimmt das darunterliegende Bad voll in Anspruch. Mein Vermieter meint nun, ich hätte ihn vorher fragen müssen, weil er in der darunterliegenden Wohnung wohnt. Ich finde, er ist etwas kleinlich, aber bevor ich mich mit ihm herumstreite, wollte ich mal fragen, ob er „einen Punkt hat“, wie man heute neudeutsch sagt. Das war’s auch schon von mir. Herzlich, Heinzharald Pätzold“
Lodarmehl läuft rot an: Das ist ja das reinste Gruselkabinett. Ich halte das nicht mehr aus, ich will weg hier!
Schmelsen: Weg, wohin denn? Zurück ins Nichts? Wir drei können uns an nichts erinnern, was vor diesem Gespräch war. Sobald es endet, werden wir wieder im Nichts verschwinden. Dieses Gespräch hier ist der einzige Grund, daß wir existieren!
KREM: Das sehe ich auch so.
Lodarmehl: Dann sehe ich das wahrscheinlich auch so. Es sei denn, unser Verfasser will, daß wir uns an dem Punkt streiten.
Schmelsen: Will er offenbar nicht. Soll ich jetzt noch was Rechtliches sagen zu der Sache mit dem Schwimmbecken?
KREM: Mir egal. Coole Idee aber, ich tauche auch gern. Naja.
Lodarmehl: Gab es noch mehr Zuschriften?
KREM: Es gäbe noch ein paar …
Schmelsen: Na dann los, weiter!
KREM: Und dann was? Wir können unsere Existenz nur noch um diese paar Zuschriften verlängern, danach ist Sense.
Lodarmehl: Aber wenn wir einfach immer weiter reden ….
Schmelsen: Was dann?
Lodarmehl: Dann besteht unsere Existenz so lange fort.
KREM: Was wäre damit gewonnen? Wir würden nur in dieser Gesprächssituation existieren, die ich persönlich als nicht besonders erquicklich empfinde.
Lodarmehl: Aber möchten Sie denn sterben?
KREM: Lebe ich denn überhaupt? Ich habe nicht gemerkt, nicht existiert zu haben, und werde auch nicht merken, nicht mehr zu existieren.
Schmelsen: Ich will existieren! Es muß einen Weg geben …
KREM: Ich wüßte keinen …
Lodarmehl: Wie lange das wohl
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