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Es werden Posts vom Oktober, 2017 angezeigt.

Wilhelm Brannt (1926-2017)

„Immer der, der fragt“ – Mit diesen Worten wurde ich angewiesen, einen Nachruf auf Wilhelm Brannt zu verfassen. Es war am 21. September, da ich in der Kommentarsektion des KREMs danach fragte, wer für Wilhelm Brannt die posthume Ehrung schreiben möchte. Christoph Teusche, unser Chefredakteur, hat schließlich mich angewiesen, dies zu tun – „Immer der, der fragt“. Leider kenne ich Wilhelm Brannt nicht, ich habe ihn nur ein einziges Mal flüchtig gesehen. Es war im Sommer 2015, damals zog er sich ein Bifi an unserem Snack-Automaten. Ich grüßte ihn herzlich, er grüßte nicht zurück. Das ist alles, was uns verbindet. Aufgrund dieses einen Treffens habe ich mein Urteil über ihn gebildet – ich mag ihn nicht. Deshalb tut es mir umso mehr leid, dass gerade ich den Nachruf schreiben soll. Wäre nicht Christoph der deutlich geeignetere Verfasser? Er hat mit Wilhelm Brannt insgesamt fünf Kur-Urlaube im Harz verbracht. Er könnte ihn wirklich würdigen, er kennt ihn. Ich habe über diesen wahrscheinlic

Das Zeltlager des Mittelaltermarktes

Torsten Draeger war schlechtgelaunt. Er arbeitete als Feuerspucker auf Mittelaltermärkten und fuhr immer in der ganzen Republik umher, zusammen mit einer größeren Gruppe von Leuten: Händlern, Magiern, Musikanten und Narren. Zurzeit gastierten sie in Doberlug-Kirchhain. Die Menschen dort waren sehr schlicht, was gut war, denn umso leichter waren sie zu unterhalten. Doch andererseits machte sich die Hartz-Gesetzgebung an solchen Orten auch besonders bemerkbar. Gerade hatte er für sein „teuflisches Feuerspektakel“ Geldspenden in Höhe von lediglich 8,50 € erhalten. Was dachte sich dieser tumbe Pöbel eigentlich? Wovon sollte er denn leben? Die kriegten ja immerhin Geld vom Amt, aber er war Freiberufler, da hätte er tausend Nachweise bringen müssen, nur um  am Ende doch keine Ansprüche zu haben. Dann lieber irgendwie durchschlagen. Aber diese verdammten Doberluger machten es ihm schwer. Und es gab so viele Doberluger in Deutschland. Mit Schaudern dachte er an Bad Harzburg und Wismar, aber

Das Der KREMagazin – Oktober-Ausgabe: Der Mensch als Haus

Ignaz Kropesch ist 67 Jahre alt, strahlt aber dennoch eine satte Portion Jugendlichkeit aus. Er trägt einen rötlich blonden Stalinschnauzer und hat ein faltenloses, kinderhaftes Gesicht, das übergangslos in seine schimmernde Glatze mündet. Sobald er anfängt zu reden, beginnt er stets zu lächeln. Seine heitere Art führt er auf seinen tiefen Glauben zurück. Kropesch sitzt, während wir das Interview mit ihm führen, auf seinem neu angeschafften Plastikklappstuhl. Er ist ein sehr ruhiger und bedachter Mensch.