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Es werden Posts vom Dezember, 2013 angezeigt.

Gastbeitrag: Weihnacht, Weihnacht (3)

11 Der Fährmann Urschanabi konnte einen gewissen Stolz nicht verbergen. Der Sprachbarriere wegen krempelte er sein Gewand hoch und versuchte durch Gesten darzustellen, was er zu gern ausrufen wollte. Er spannte mächtig seine Oberarmmuskeln an und grinste dabei von einem Ohr bis zum anderen. Dann deutete er mit der Hand abwechselnd auf die Bauwerke und dann wieder auf sich. Dazu zuckte er die Schultern. Ndogo war so schwer beeindruckt von der egozentrischen Freude des Fährmanns und nicht zuletzt den mächtigen Muskeln, dass sie sofort die Hand Balthasars losließ. Ihr verliebter Blick war nun fest auf Urschanabi gerichtet. Balthasar merkte sofort was geschah. Der Einweihungsplan ging über Bord. Trübsinnig dachte er an Debre, die ihm vor Jahren mal angedeutet hatte, dass er körperlich nicht die Wucht sei, zumindest im Vergleich zu seinen drei Freunden. Daraufhin hatte sich Balthasar in die Plantagenarbeit gestürzt und wollte an seinem Plan, eines Tages der Debre Birhan bei der Abschaf

Gastbeitrag: Weihnacht, Weihnacht (2)

6 Als sich die Stürme gelegt hatten, war es schon wieder äthiopisch heiß. Kaspar wollte sagen „brütend heiß“ und gedachte seines ehemals gefiederten Nachtgesichtes. Um ihn herum lagen Klumpen zweifelhafter Konsistenz irre verstreut. Er konnte sich ihr Wesen nicht erklären. Seine Freunde fand er unter einer Dattel wieder. Sie hockten entspannt über den geschnitzten Mulden und harrten der Erfindung des Schachcomputers. Allerdings waren sie nicht mehr vollzählig. Die drei Rüpel Mika, Sisisba und Awnison schienen verschwunden. Kaspar streckte sich und schüttelte Staub von den Schuhen. In wenigen Tagen wird Kaspar etwas Unglaubliches wiederfahren, doch heute noch ahnte er nichts davon. Seine flinken Jungenaugen huschten stattdessen von Horizont zu Horizont und suchten angestrengt nach den drei Kumpelkas. In der Ferne verschwamm der Gerölldunst mit den Himmeln und erzeugte Spukbilder.

Gastbeitrag: Weihnacht, Weihnacht (1)

Liebe KREMesfreunde, es ist uns eine große Freude, erstmals einen Gastbeitrag veröffentlichen zu dürfen. Es handelt sich um eine Weihnachtsgeschichte von Susjana Bergmann-Zwillich und Ja'akeb Mosche Müller, die auf Erzähltraditionen aus dem Libanon aufbaut. Sie ist in 15 "Fraktionen" unterteilt, denn der libanesische Advent beginnt erst 15 Tage vor Weihnachten (die neun vorhergehenden Tage sind der "Vor-Advent": Die Vor-Vorfreude spielt im libanesischen Volksglauben eine zentrale Rolle). Die Geschichte nutzt die Zahl 15 als Element zum "Rhythmischen Erzählen", das an den Ritt der drei Weisen zur Krippe erinnern soll. Indem gezielt mit traditionellen Mustern gespielt wird, wir der heutigen libanesischen Gesellschaft auch "ein Stück weit" (alle Zitate vom Verfasser) der Spiegel vorgehalten. Wegen ungeahnter Längen ist die Geschichte in drei Teile à 5 Fraktionen unterteilt, die wir Ihnen über Heiligabend und das Christfest präsentieren. Nun abe

Von der Dekoration in einem Warenhaus

„Was ist das denn?“ Bruno Scheer war außer sich. „Häh? Wieso denn? Das ist meine Dekorationsarbeit“, antwortete der Lehrling. Bruno Scheer, der Chef des mittelständischen Warenhauses, sah sich die Anordnung der Gegenstände im Schaufenster genau an und wendete sich dann zum Lehrling. „Dennis, mein lieber Dennis, was um alles in der Welt hast du dir dabei gedacht, als du das Schaufenster dekoriert hast. Weihnachten steht vor der Tür, die wichtigste Zeit für unser Geschäft, und du hast die Dekorationsobjekte einfach hingeworfen. Dennis, was machst du bloß immer?“ „Aber Herr Scheer“, antwortete Dennis, „Sie haben mir doch eine genaue Anweisung gegeben, wie ich die Objekte arrangieren soll. Und so wirklich einfach war die Vorgabe nun auch wieder nicht. Ich meine, das ist halt meine Interpretation davon.“

Der Rechtsgrund (2)

„Das ist völliger Unsinn“, sagte der Justiziarrat zu dem Konsul, „ich sehe überhaupt keinen Grund dafür, daß wir diesen Begriff in das Strafgesetzbuch aufnehmen müssen. Außerdem werden in unserem Strafrecht keine Tätertypen mehr benannt, sondern lediglich Merkmale, die Tatbestände bilden. Somit ist der Begriff „Schreibtischtäter“ nicht zu gebrauchen.“ Der Justiziarrat war erregt, blieb aber sachlich. Der Konsul erwiderte: “Das Strafrecht braucht diese Bezeichnung aber ... es ist doch auch ganz logisch...wenn jemand jemanden mit einem Schreibtisch attackiert oder jemanden an einem Schreibtisch attackiert, dann ist er ein „Schreibtischtäter“. Ich verstehe einfach nicht, warum Sie das nicht wahrhaben wollen! Vielleicht sind Sie womöglich auch ein Schreibtischtäter und wollen deshalb diese Norm nicht haben...?“

Ein unbekanntes Tier (1/5)

Es war einmal ein unbekanntes Tier. Es hatte keine Freunde. Das lag daran, daß Tiere sich gern positionieren. Entweder du bist ein Freund, oder du bist der Feind. Das unbekannte Tier hatte die anderen Tiere beobachtet und daher diesen Schluß gezogen. Dem Feind gegenüber, so sahen es jedenfalls die Schimpansen, und von denen gab es hier jede Menge, mußte man mit Imponiergehabe gegenübertreten, um sie einzuschüchtern. Freunden gegenüber trat man jedoch mit Imponiergehabe gegenüber, um die eigene Stellung klarzumachen. Schimpansen liebten es, sich darzustellen, und die meisten waren gar nicht so wichtig, wie sie taten. Zum Beispiel stellten sich viele als Bandenführer dar, waren aber nur Gruppenführer, wenn es hoch kam. Das unbekannte Tier hatte beschlossen, sich mit den Schimpansen anzufreunden, weil es damit eine Allianz gegen die verhaßten Bonobos eingehen konnte. Diese selbstgefälligen Tiere mit blöden Augen und fetten Fingern, die harmoniesüchtig waren, waren sowohl ihm als auch, da