Auf einem staubigen Parkplatz, an dem Rand eines schmalen Waldes, standen sieben Menschen im Halbkreis um eine achte Person herum. „Hallo nochmal meinerseits, mein Name ist Timuszek Leski, ihr könnt mich einfach Timo nennen, ich bin ausgebildeter Fotograf und werde mit euch in den kommenden 45 Minuten den Schnupperfotokurs ‚RICHTIG sehen lernen‘ bestreiten. Kurz zu meiner Person, ich bin wie gesagt ausgebildeter Fotograf, war von 1996-98 Meisterschüler von Gursula Schmitd an der Kunstschule Bad Önhausen und arbeite seit 2000 als selbstständiger Fotograf im Raum Berlin-Brandenburg. Meine Miete sozusagen zahle ich durch Hochzeitsfotografie, aber meine Leidenschaft ist das künstlerische Fotografieren ... das mir noch mehr Spaß macht, wenn ich es anderen näher bringen kann.“ Es begann zu nieseln. „Mögt ihr euch auch vorstellen? Also nur wer mag.“ Zunächst sagte niemand etwas. „Muss auch keiner was sagen, ich zwinge hier niemanden“, schob Timo hinterher. Da begann einer der Teilnehmer: „Ja also ich bin der Jochem, ich bin 52 Jahre jung und ich habe zum Geburtstag von meiner Frau“, er lächelte und legte beiläufig den Arm um die Hüfte des links neben ihm stehenden Mann, er redete weiter, dann schaute er nach links und erschrak. „Aahhhhhh, sie sind ja gar nicht meine Frau“. Er nahm den Arm hektisch weg und sagte noch einmal, etwas verwirrt, dass er „der Jochem“ sei. Die andern Kursteilnehmer schauten zu ihm. „Danke Jochen, das finde ich wirklich stark, dass du den Anfang gemacht hast. Will sich vielleicht noch jemand vorstellen?“ Während alle anderen Kursteilnehmer schwiegen, entschuldigte sich Jochem bei dem Mann, der neben ihm stand. „Ich dachte, dass meine Frau neben mir ... HILDE, WO BIST DU DENN? ... also ich dachte irgendwie, meine Frau würde neben mir stehen. HILDE? Verdammt nochmal, wo bist du?“ Der Umarmte nahm es gelassen. „Gut, wenn niemand anderes sich weiter vorstellen mag, dann können wir jetzt loslegen.“ Timo setzte sich in Bewegung, die Kursteilnehmer folgten ihm in den lichten Wald. „Quiztime! Weiß jemand von euch, was Tiefenschärfe ist?“, fragte Timo, ohne zu den ihm hinterher laufenden zu schauen. Niemand antwortete. „Keiner? Nicht mal Jochen, unser Flirt-Experte?“ Niemand antwortete. „Ist ehrlich gesagt auch scheißegal, was Tiefenschärfe ist. Meine Philosophie ...“, jetzt blieb Timo stehn und drehte sich zu seinen Schülern um, „ist, dass man schöne Fotos macht und nicht, dass man einen Physiknobelpreis für Fototechnik gewinnen muss. Fotografie ist Spaß und nicht Theorie.“ „Herr Leski?“, fragte eine Kursteilnehmerin, „ich habe nur kurz eine Frage zu der Bezahlung von dem Kurs hier. Können wir Ihnen das Geld auch bar geben am Ende vom Kurs oder müssen wir das Geld überweisen?“ Timo sagte, dass er lieber eine Überweisung hätte, dass Bargeld aber auch in Ordnung sei. Nachdem der Trupp zehn Minuten durch den Wald gelaufen war, blieb Timo stehen und wartete, bis alle Teilnehmer des Kurses auch stehenblieben. „So“, sagte er, „jetzt holt doch bitte alle mal eure Kameras aus euren Taschen und schaltet sie an.“ Jochems Kamera ging nicht an. „Scheiße, ich habe meinen Akku noch am Ladegrät. Ich Volltrottel!“ Jochem ärgerte sich sichtlich. „Da finden wir eine Lösung, Jochen“, sagte Timo. „Mag jemand von euch Jochen seinen/ihren Akku geben?“ Silvia, eine weitere Kursteilnehmerin, erklärte sich bereit, meinte aber, dass ihr ja dann der eigene Akku fehlen würde. „Dann leiht dir einfach jemand anderes seinen Akku, das ist Fotografensolidarität.“ Silvia nahm ihren Akku raus und gab ihn Jochem, er passte. Jetzt bekam Silvia von Jürgen einen Akku, der auch passte, reihum wurden Akkus getauscht, Olympus, Sony, Nikon, jedes Gerät bekam einen Fremdakku, bis schließlich Timo als letzter seinen Akku weggab. „Ich brauche meinen ja nicht, ich kann ja fotografieren ... so, hat jeder einen Solidar-Akku?“ Die Kursteilnehmer nickten und waren erfreut von der unkonventionellen Aktion. „Gut, dann schaltet mal eure Geräte an und stellt den Modus ‚P‘ ein.“ Keine Kamera ging an. Es wurde mehrmals an und ausgeschaltet, kein Gerät funktionierte. „Ähm, dann würde ich mal sagen, alle Mann Akku zurück.“ Timo lachte. Nachdem alle Akkus zurückgegeben wurden, forderte Timo erneut das Anschalten der Geräte, aber auch jetzt ging kein einziges Gerät an. „Herr Leski, sind unsere Kameras jetzt kaputt? Ich kenne mich ja nicht aus mit Elektronik, aber so von der Amperzahl her sollte man vielleicht keine falschen Akkus in die Kamera machen?“ Timo war etwas nervös, Jochem war aufgebracht: „Ist jetzt meine nigelnagelneue 1700-Euro-Kamera kaputt?“ Timo war noch etwas nervöser. „Also ... ähm ... also das ist mir ja noch nie passiert ...“ Eine Kursteilnehmerin stellte sich vor Timo. „Ich gebe ihnen mal meine IBAN, dann überweisen sie mir einfach die 800€ für meine Kamera“ Timos Mund stand offen. „Moment mal...“ bevor er weitersprach, standen alle Kursteilnehmer in einer Schlange vor Ihm mit gezückten EC-Karten. „Also, meine IBAN lautet ************. Ich wiederhole ************.“ „Hab ich“, entgegnete Timo verzweifelt, während er die Nummer notierte. „Ja, ihre IBAN?“ „************“ „Hab ich. Nächster:“ „************“. Nachdem alle die Nummern aufgesagt hatten, stand man im Kreis. „Okay, dann würde ich sagen, dass wir jetzt Schluss machen an der Stelle. Hat mich gefreut.“ Timo lief zügig zum Parkplatz zurück.
Auf einem staubigen Parkplatz, an dem Rand eines schmalen Waldes, standen sieben Menschen im Halbkreis um eine achte Person herum. „Hallo nochmal meinerseits, mein Name ist Timuszek Leski, ihr könnt mich einfach Timo nennen, ich bin ausgebildeter Fotograf und werde mit euch in den kommenden 45 Minuten den Schnupperfotokurs ‚RICHTIG sehen lernen‘ bestreiten. Kurz zu meiner Person, ich bin wie gesagt ausgebildeter Fotograf, war von 1996-98 Meisterschüler von Gursula Schmitd an der Kunstschule Bad Önhausen und arbeite seit 2000 als selbstständiger Fotograf im Raum Berlin-Brandenburg. Meine Miete sozusagen zahle ich durch Hochzeitsfotografie, aber meine Leidenschaft ist das künstlerische Fotografieren ... das mir noch mehr Spaß macht, wenn ich es anderen näher bringen kann.“ Es begann zu nieseln. „Mögt ihr euch auch vorstellen? Also nur wer mag.“ Zunächst sagte niemand etwas. „Muss auch keiner was sagen, ich zwinge hier niemanden“, schob Timo hinterher. Da begann einer der Teilnehmer: „Ja also ich bin der Jochem, ich bin 52 Jahre jung und ich habe zum Geburtstag von meiner Frau“, er lächelte und legte beiläufig den Arm um die Hüfte des links neben ihm stehenden Mann, er redete weiter, dann schaute er nach links und erschrak. „Aahhhhhh, sie sind ja gar nicht meine Frau“. Er nahm den Arm hektisch weg und sagte noch einmal, etwas verwirrt, dass er „der Jochem“ sei. Die andern Kursteilnehmer schauten zu ihm. „Danke Jochen, das finde ich wirklich stark, dass du den Anfang gemacht hast. Will sich vielleicht noch jemand vorstellen?“ Während alle anderen Kursteilnehmer schwiegen, entschuldigte sich Jochem bei dem Mann, der neben ihm stand. „Ich dachte, dass meine Frau neben mir ... HILDE, WO BIST DU DENN? ... also ich dachte irgendwie, meine Frau würde neben mir stehen. HILDE? Verdammt nochmal, wo bist du?“ Der Umarmte nahm es gelassen. „Gut, wenn niemand anderes sich weiter vorstellen mag, dann können wir jetzt loslegen.“ Timo setzte sich in Bewegung, die Kursteilnehmer folgten ihm in den lichten Wald. „Quiztime! Weiß jemand von euch, was Tiefenschärfe ist?“, fragte Timo, ohne zu den ihm hinterher laufenden zu schauen. Niemand antwortete. „Keiner? Nicht mal Jochen, unser Flirt-Experte?“ Niemand antwortete. „Ist ehrlich gesagt auch scheißegal, was Tiefenschärfe ist. Meine Philosophie ...“, jetzt blieb Timo stehn und drehte sich zu seinen Schülern um, „ist, dass man schöne Fotos macht und nicht, dass man einen Physiknobelpreis für Fototechnik gewinnen muss. Fotografie ist Spaß und nicht Theorie.“ „Herr Leski?“, fragte eine Kursteilnehmerin, „ich habe nur kurz eine Frage zu der Bezahlung von dem Kurs hier. Können wir Ihnen das Geld auch bar geben am Ende vom Kurs oder müssen wir das Geld überweisen?“ Timo sagte, dass er lieber eine Überweisung hätte, dass Bargeld aber auch in Ordnung sei. Nachdem der Trupp zehn Minuten durch den Wald gelaufen war, blieb Timo stehen und wartete, bis alle Teilnehmer des Kurses auch stehenblieben. „So“, sagte er, „jetzt holt doch bitte alle mal eure Kameras aus euren Taschen und schaltet sie an.“ Jochems Kamera ging nicht an. „Scheiße, ich habe meinen Akku noch am Ladegrät. Ich Volltrottel!“ Jochem ärgerte sich sichtlich. „Da finden wir eine Lösung, Jochen“, sagte Timo. „Mag jemand von euch Jochen seinen/ihren Akku geben?“ Silvia, eine weitere Kursteilnehmerin, erklärte sich bereit, meinte aber, dass ihr ja dann der eigene Akku fehlen würde. „Dann leiht dir einfach jemand anderes seinen Akku, das ist Fotografensolidarität.“ Silvia nahm ihren Akku raus und gab ihn Jochem, er passte. Jetzt bekam Silvia von Jürgen einen Akku, der auch passte, reihum wurden Akkus getauscht, Olympus, Sony, Nikon, jedes Gerät bekam einen Fremdakku, bis schließlich Timo als letzter seinen Akku weggab. „Ich brauche meinen ja nicht, ich kann ja fotografieren ... so, hat jeder einen Solidar-Akku?“ Die Kursteilnehmer nickten und waren erfreut von der unkonventionellen Aktion. „Gut, dann schaltet mal eure Geräte an und stellt den Modus ‚P‘ ein.“ Keine Kamera ging an. Es wurde mehrmals an und ausgeschaltet, kein Gerät funktionierte. „Ähm, dann würde ich mal sagen, alle Mann Akku zurück.“ Timo lachte. Nachdem alle Akkus zurückgegeben wurden, forderte Timo erneut das Anschalten der Geräte, aber auch jetzt ging kein einziges Gerät an. „Herr Leski, sind unsere Kameras jetzt kaputt? Ich kenne mich ja nicht aus mit Elektronik, aber so von der Amperzahl her sollte man vielleicht keine falschen Akkus in die Kamera machen?“ Timo war etwas nervös, Jochem war aufgebracht: „Ist jetzt meine nigelnagelneue 1700-Euro-Kamera kaputt?“ Timo war noch etwas nervöser. „Also ... ähm ... also das ist mir ja noch nie passiert ...“ Eine Kursteilnehmerin stellte sich vor Timo. „Ich gebe ihnen mal meine IBAN, dann überweisen sie mir einfach die 800€ für meine Kamera“ Timos Mund stand offen. „Moment mal...“ bevor er weitersprach, standen alle Kursteilnehmer in einer Schlange vor Ihm mit gezückten EC-Karten. „Also, meine IBAN lautet ************. Ich wiederhole ************.“ „Hab ich“, entgegnete Timo verzweifelt, während er die Nummer notierte. „Ja, ihre IBAN?“ „************“ „Hab ich. Nächster:“ „************“. Nachdem alle die Nummern aufgesagt hatten, stand man im Kreis. „Okay, dann würde ich sagen, dass wir jetzt Schluss machen an der Stelle. Hat mich gefreut.“ Timo lief zügig zum Parkplatz zurück.
Kommentare
Hinweis: Ich habe kurz nach dem Tschechen kommentiert, aber einen knappen Tag, nachdem der Artikel veröffentlicht wurde. Was sagt uns das?
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