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Für immer Neustadt

 


Harald wachte auf. Hatte er nicht gerade eine Stimme gehört? Tatsächlich! Jemand sang! In der Küche. In seiner Küche. Sang dieses Stück, den Gefangenenchor, aus dieser einen Oper von Verdi. Er traf die Töne, aber textsicher war er nicht. Eigentlich sang er gar keinen Text, nur einzelne Vokale und Laute. „Da-daa-da-daaaaa-daaaaa-da-daaaaaaaa-lalalalalalalaaaaaaaaaaa … Doo-do-dododododododooooo-dodododoooooooo.“

Harald stand auf, ging in den Flur und öffnete die Tür zur Küche. Jemand stand am Herd, ihm den Rücken zugewandt, und briet Rührei. Es roch herrlich. Aber … Warum in seiner Küche? Wie war er hier reingekommen?

Der Fremde musste etwas gemerkt haben. Er sah sich um. Als er Harald sah, erschrak er. Er schrie kurz auf, ließ beinahe die Bratpfanne fallen, fing sich wieder und starrte Harald an. „Wer sind Sie? Was machen Sie hier?“

„Das gleiche könnte ich Sie fragen. Was machen Sie in meiner Wohnung?“

„Ach, wohnt hier schon jemand? Das ist ja seltsam. Ich dachte irgendwie, man kommt in eine leere Wohnung, wenn man ankommt.“

„Kommt man eigentlich auch. Wie, also du bist gerade erst angekommen?“

„Japp, letzte Nacht. Bin gleich in die Federn, und heute morgen war ich super ausgeschlafen, und dann waren da diese Eier im Kühlschrank … Es paßte einfach alles.“

„Aha. Aber … Ich versteh’s nicht. Wieso in meiner Wohnung?“

„Wir müssen wohl mal zur Verwaltung gehen.“

„Hä? Verwaltung? Wovon redest du? Hier gibt’s keine Verwaltung!“

„Nicht? Aber … Was, wenn mal die Heizung ausfällt? Oder das Licht?“

„Nee, das passiert nicht, das haben die so programmiert.“

„Was, wenn ich das Ei anbrennen lasse?“

„Das geht nicht. Habe ich schon probiert.“

„Hä, echt?“

„Das ist hier alles so programmiert, daß wir hier friedlich für immer unsere Tage verbringen können.“

„Für immer … Schon kraß irgendwie …“

„Tja … Oder bis die Stromquelle alle ist oder so. Weiß ich auch nicht, so lange bin ich hier ja noch nicht.“

„Wie lange bist du schon hier?“

„Ich bin jetzt drei Monate tot, also … so lange bin ich quasi hier.“

„Schon kraß … Als Kind hätte ich es gehaßt, in so ner Kleinstadt zu stranden, aber jetzt, wo man tot ist, ändert sich schon ein Stück weit die Perspektive.“

„Hm, total. Man ist einfach … Es ist einfach egal alles.“

„Mhm.“     

„Wie heißt du eigentlich?“

„Ich bin Bernd.“

„Harald.“

„OK, cool. Aber was ist denn jetzt wegen der Sache, daß wir uns hier eine Wohnung teilen müssen? Was machen wir da jetzt?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht kannst du ja eine andere Wohnung suchen. Muß ja für jeden eine geben eigentlich.“

„Bist du sicher?“

„Ja, das haben die doch gesagt, jeder hat eine eigene Wohnung, wenn man möchte. Also, es gibt auch für Familien oder was man will, aber man kann auch alleine. Das haben die gesagt. Und das hatte ich auch angekreuzt, ganz sicher. Ich war ja auch allein bis jetzt.“

„Ja, stimmt, hatte ich auch angekreuzt, glaube ich. Also, da gab es auch die Option „Ich lasse mich überraschen“, da hatte ich kurz überlegt …“

„Wirklich? Bei der Frage, wie du in alle Ewigkeit leben willst, kreuzt du an „Ich lasse mich überraschen“? Was ist das denn für ne bescheuerte Idee?“

„Ja, habe ich ja dann auch nicht angekreuzt, aber kurz überlegt halt, man kann ja auch mal ein bißchen offen sein …“

„Ja, weißt du, wer sich auch noch „überraschen lassen“ will? Vielleicht ein Kannibale oder irgendein Perverser.“

„Das ist jetzt aber nicht sehr wahrscheinlich.“

„Also ich gehe lieber auf Nummer Sicher, wenn es um die Ewigkeit geht.“

„Ja … Habe ich dann ja auch nicht angekreuzt, wie gesagt.“

„Naja. Jetzt sind wir beide also hier. Dann müssen wir einfach mal rausgehen und uns umhören. Habe jetzt spontan auch keine Lösung.“

 

Leider hatte noch niemand von dem Problem gehört. Alle lebten so in der Simulation, wie sie es angekreuzt hatten. Wenn sie auch fragten: Daß spontan ein neuer Mitbewohner auftauchte, war ein bisher unbekanntes Problem.

Bis sie Benno trafen. Er hatte selber bei der Firma gearbeitet, die die Simulation programmiert hatte. „Ich habe denen das von Anfang an gesagt, daß die Sim zu wenig Wohnraum generiert. Wollte keiner hören. Man hätte viel mehr Speicherkapazitäten einplanen müssen.“

„Aber das kann doch kein großes Problem sein. Dann nimmt man halt … mehr Speicher dazu?“

„Nee, das geht im Nachhinein … Ist das nicht so einfach. Man muß die ganze Umgebung neu aufsetzen, weil sonst Performance-Probleme drohen. Bei einer Bandbreite von …“

„Äh, ich habe eher nichts verstanden. Ich bin … war Musiklehrer von Beruf und hatte nicht so Berührungspunkte mit Internet und so.“

„Mit Internet hat das nichts zu tun, das ist eher eine … Naja, ist ja auch egal. Jedenfalls bin ich gespannt, wie sie das jetzt gelöst haben wollen.“

„Was, wenn sie es nicht gelöst kriegen?“

„Dann wird es hier ungemütlich.“

 

Einige Wochen später. Bernd lebte immer noch bei Harald. Er lief durch den Park mit dem schönen Springbrunnen, sein abendlicher Jogginglauf. Man mußte sich ja fithalten. Obwohl … Eigentlich ja nicht mehr, aber er war es so gewohnt. Am Wegesrand lagen einige Menschen herum, sie hatten sich notdürftige Behausungen gebaut. „Hast du eine Wohnung für mich“, fragte einer. Ein anderer wedelte mit Geldscheinen, in der anderen Hand ein Schild, auf der „Wohnung dringend gesucht!!!“ stand.

 

„Wir müssen das selbst in die Hand nehmen!“

„Haff du waff gewagp?“ Harald kam aus dem Bad, die Zahnbürste im Mund. Auch das eine Angewohnheit, die hier im Grunde überflüssig war.

„Ich habe gesagt, wir müssen das selbst in die Hand nehmen. Die ganzen Obdachlosen im Park, das geht doch so nicht weiter. Und daß die Firma da nicht mal reagiert, echt kraß.“

„Was willst du denn machen? Reklamieren kann man ja nicht.“

„Wir müssen selber bauen!“

„Selber bauen?“

„Genau! Wir gehen raus aus der Stadt und bauen da einfach.“

„Aber … Geht das denn?“

„Wieso sollte das nicht gehen? Hier geht doch alles?“

„Hm … Joar … Stimmt eigentlich.“

„Also, los geht’s!“

„Was? Wie geht’s denn los?“

„Wir fragen, wer mitmacht!“

 

„Das klingt nach einer guten Idee! Also, im Prinzip. Nur sollte man natürlich ein bißchen auf die Ästhetik achten.“

„Ja, aber am wichtigsten ist doch, daß wir unser Wohnungsproblem lösen!“

„Ja, klar. Das ist virulent. Aber trotzdem sollten wir unser Stadtbild hier nicht verschandeln mit irgend so ner … Siedlung, verstehen Sie?“

Thomas redete sich gerade in Rage. Er war zu Lebzeiten Architekt gewesen und hatte in einem Ortsbeirat als Bürgerdeputierter gearbeitet.

„Also, eine einheitliche Traufhöhe wäre zum Beispiel wichtig. Und dann sollte es einen Gestaltungskatalog geben für die unterschiedlichen Bauherren.“

„Was, Bauherren? Wir bauen hier! Wir sind die Bauherren! Wozu brauch ich da einen Gestaltungskatalog?“ Harald war sichtlich genervt von dem engagierten Mitbürger.

„Wie, du willst selber bauen?“, schaltete sich eine weitere Person ein. „Weißt du denn, wie das geht?“

„Nein, aber … Es wird hier doch Bauleute geben, oder?“

„Weiß nicht. Es war ja ziemlich teuer, sich hier einzukaufen, also … Ich wäre nicht so sicher.“

„Ach, stimmt … Hmm.“ Harald kratzte sich am Kinn. „Naja, wir müssen halt mal gucken. Kennt hier jemand einen Bauarbeiter? Also jemanden, der auf dem Bau gearbeitet hat?“

„Hier, ich habe als Maurer gearbeitet!“

„Sehr gut. Dann könnten Sie ja beim Hausbau schon mal mitmachen.“

„Was für? Hausbau?“

„Ja, das müßten Sie ja können!“

„Ja, können ist die eine Seite … Wobei ich auch nur die Maurertätigkeiten jetzt wirklich kann …“

„Ja …?“

„Die andere Seite ist das Material.“

„Das Material?“

„Na klar. Ich brauche Beton, Stahlpfeiler, Fenster, Türen, ein Gerüst, Baumaschinen …“

„Ja, das wird nicht so leicht, das zu besorgen …“

„Das wird unmöglich, sage ich. Und eine Sache noch.“

„Ja?“

„Die entscheidende Frage ist: Warum sollte ich?“

„Wie … so? Wie meinen Sie das?“

Der Maurer stellte sich breitbeinig hin und verschränkte die Arme. „Naja, wieso sollte ich mich hier hinstellen und arbeiten? Was habe ich davon?“

„Naja, Sie haben ja vielleicht gesehen, daß wir ein Problem mit Wohnungslosigkeit haben.“

„Ja, nu, aber ich bin jetzt der Blöde hier, der sich darum kümmern muß?“

„Nein, also … Wir können Ihnen ja helfen …“

Der Maurer sah ihn abschätzig an. „Sie sind doch ein halbes Hemd, was wollen Sie denn dazu beitragen?“

„Ich kann dafür Dinge planen, vielleicht die Logistik klären. Backoffice wäre auch eine Stärke von mir.“

„M-hm, so sehen Sie auch aus. Naja, wenn Sie zwanzig, dreißig Leute zusammenkriegen, sprechen wir uns wieder.“

Auf dem Weg nach Hause sah Harald eine Gruppe Bauarbeiter im Schatten eines Baumes stehen. Merkwürdig, er hatte noch nie zuvor welche gesehen! Er pirschte sich an sie heran. Als er näher kam, merkte er, daß sie einfach nur dastanden. Sie redeten nicht; sie machten auch sonst nichts.

„Hallo?“

Einer der Arbeiter drehte sich zu ihm. „Ja, bitte?“

„Äh … Ich wollte nicht stören …“

„Kein Problem! Was kann ich für Sie tun?“

Harald schilderte das Problem.

„Eine Fügung des Schicksals, daß ich sie hier treffe. Darf ich mit Ihrer Unterstützung rechnen?“

„Bedaure. Das ist leider nicht möglich.“

„Oh. Warum denn nicht? Macht es Sie nicht auch betroffen, daß so viele Neuankömmlinge auf der Straße leben müssen?“

„Nein.“

„Nein?“

„Nein, weil wir keine Betroffenheit verspüren können.“

„Wer wir? Das verstehe ich nicht.“

Der Arbeiter sah sich zu seinen Kollegen um, die wiederum nervös zu ihm hinblickten. Schließlich wandte er sich wieder Harald zu.

„Wir sind sogenannte Non-Player-Characters, d.h. wir sind computergeneriert und simulieren eine durchschnittliche Bevölkerungszusammensetzung, soweit diese hier nicht gegeben ist.“

„Äh … Okay.“ Harald guckte blöd umher.

„Wieviele … Non-Player-Dingsda gibt es denn?“

„Oh, es gibt sehr viele. Im Grunde alle, die Ihnen Dienstleistungen anbieten, die etwas verkaufen, kurz gesagt: die hier arbeiten.“

Harald blieb der Mund offen stehen. „Aber … das hätte ich doch gemerkt? Ich meine, ihr steht hier rum wie auf Stand-By. Das habe ich noch nie gesehen!“

„Das liegt vermutlich daran, dass die NPCs sehr gut programmiert sind. Es ist aber vermutlich auch darauf zurückzuführen, daß menschliche Wesen mit einem höheren sozialen Status anderen als menschlich wahrgenommenen Wesen mit einem niedrigeren sozialen Status nur die absolut notwendige Beachtung schenken.“

„Nein, das stimmt nicht! Ich hatte schon immer Freunde aller Couleur, da bin ich völlig blind.“

„Ich kenne Ihre Gesundheitsdaten, Herr Paradoski, Sie sind nicht blind.“

„Nein … Ich meine: Für mich spielen soziale Unterschiede keine Rolle.“

„Wie erklären Sie sich dann, daß Sie nicht bemerkt haben, daß Sie in einer Welt voller Androiden leben?“

Harald war sprachlos. Sollte er tatsächlich so ignorant sein? Das entsprach überhaupt nicht seinem Selbstbild. Das eigentlich Schlimme aber war, daß diese NPCs ihnen nicht beim Hausbau helfen konnten. Obwohl …

„Sagt mal, ihr NPCs, könnt ihr uns helfen, neue Häuser zu bauen?“

„Nein, für körperliche Belastungen sind wir nicht ausgelegt.“

„Aber ihr seid doch Bauarbeiter?“

„Wir simulieren die Existenz von Bauarbeitern. Das ist ein großer Unterschied. Sie haben vermutlich noch nie Bauarbeiten hier beobachtet, oder?“

„Stimmt, habe ich nicht. Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.“

„Das bestätigt die These, dass Sie Tätigkeiten wie diesen nur geringe Beachtung schenken.“

„Ja ja“. Harald war gereizt. Es ärgerte ihn, daß der Roboter recht hatte.

„Aber vielleicht können wir Ihnen trotzdem helfen.“

„Aha. Wie denn?“

„Die Probleme des mangelnden Wohnraums sind hinlänglich bekannt. Die exklusiven Wohnansprüche verlangen jedoch sehr viel Speicherplatz. Wenn Sie uns die Zustimmung erteilen, können wir eine Restrukturierung autorisieren, die eine kompaktere Bauweise ermöglicht.“

„Ach so? Und dann hätte jeder eine eigene Wohnung?“

„Wenn das Ihre Bedingung ist, können wir das so umsetzen.“

„Ja, okay, gern. Und alles ohne physische Arbeit?“

„Haben Sie hier schon mal ein größeres Loch gebuddelt?“

„Äh … Nein.“

„Es würde Ihnen nicht gelingen, weil es nicht programmiert wurde.“

„Waas?“ Harald war schockiert. Dann dachte er kurz nach. „Naja, klingt logisch. Okay, ich muss dann mal wieder. Also, ich stimme zu!“

„In Ordnung, die Umsetzung wird ein paar Tage dauern.“

„Okay, danke und tschüss!“

Freudig stapfte Harald zurück. Das musste er gleich den anderen erzählen! Die würden Augen machen.

Und so war es auch. Er wurde groß gefeiert. Sie gingen noch ins Schiefe Eck, wo sie den Abend ausklingen ließen. Immer, wenn die Bedienung kam, versuchte Harald, auszumachen, ob sie eine Androidin war. Beim dritten Mal, als er sie mal wieder vermeintlich unauffällig anstarrte, warf sie ihm einen argwöhnischen Blick zu. Erschrocken blickte er zu Boden. Als er wieder aufsah, stand der Chef des Ladens vor ihm. „Sie gehen jetzt besser!“

„Ich? Wieso?“

„Sie haben der Monika mehrmals intensiv in den Ausschnitt geguckt. Ich dulde hier keine sexuelle Belästigung?“

„Nein, das ist ein Mißverständnis!“

„Ach ja?“ Plötzlich war Monika auch da. „Du hast geglotzt als ob es kein Morgen gebe!“

„Merkwürdige Formulierung, finden Sie nicht auch?“, wandte sich Harald an den Wirt.

„Mann, Harald, jetzt laß doch mal“, setzte Bernd von hinten hinzu.

„Nee, findet ihr das nicht auch komisch, das ist doch eine total altmodische Formulierung, ‚als ob es kein Morgen gebe‘, wer sagt denn so was?“

„OK, kraß, so was muß ich mir echt nicht geben“. Monika stampfte wütend davon.

„Herr Brellburg, ich vermute, daß es sich bei Ihrer Mitarbeiterin um einen Androiden handelt!“

„Was?“

„Ja. Ich habe gerade mit NPCs gesprochen. Die meinten, daß alle, die hier arbeiten, Androiden sind.“

„OK …“

„Ja, und das würde auch die seltsame Formulierung erklären. Das Endstationland gibt es ja nun schon eine Weile. Damals war das vielleicht modern, so was zu sagen.“

„Beschissener Name übrigens, Endstationland“, warf Bernd von hinten ein.

„Hör mal, Freundchen. Deine These hat nen Haken. Denn danach müßte ich auch ein Android sein, oder?“

„Stimmt! Tja, dann müßten Sie ja eigentlich wissen …“

„Bin ich aber nicht. Ich glaube, da haben dir welche einen Bären aufgebunden!“

Auch eine komische Formulierung, dachte Harald. „Warum sollten die so was erfinden?“

„Was weiß ich? Es gibt alle möglichen Freaks. Das ist mit Logik nicht immer zu erklären.“

„Aber wenn Sie kein Android sind – warum arbeiten Sie denn dann überhaupt?“

„Konnte nicht bezahlen für die Chose hier.“

„Hä?“

„Naja, es kostet ja nu eine Stange Geld, sich hier materialisieren zu lassen. Das hatte ich nicht, nicht ansatzweise. Die haben aber gewußt, wenn hier nur reiche Säcke hinkommen, geht hier alles unter. Es gibt nun mal auch hier Arbeit zu erledigen. Also habe ich mich um so einen Platz beworben. Ich bin gelernter Kellner, also wurde ich genommen.“

„Ach, kraß! Ja, das macht Sinn. Aber komisch, daß die Roboter so einen Quatsch erzählt haben.“

„Was weiß ich, vielleicht gibt es hier auch Androiden. Könnte ja sein. Ich bin jedenfalls keiner, und meine Monika auch nicht.“

„Nein, okay, entschuldigen Sie bitte! Und bitte richten Sie das auch Monika aus!“

„Naja gut. Ich glaube dir. Aber tu mir einen Gefallen, glaub nicht alles, was dir erzählt wird!“

 

Einige Wochen später wachte Harald auf. Sein Zimmer sah anders aus. Die Möbel waren noch da, aber die Wände waren niedriger. Die Tür war auf der anderen Seite. Der Raum war nur noch halb so groß.

Er stieg aus dem Bett und öffnete die Tür. Eine kleine Küche tat sich vor ihm auf. Eine weitere Tür ging von dem Raum ab. Dort verbarg sich der Korridor, von dem ein winziges Bad und die Wohnungstür abgingen.

Er ging zurück in die Küche und sah aus dem Fenster. Und erstarrte. Offenbar befand er sich in mehreren hundert Metern Höhe. Er blickte auf eine nicht enden wollende Landschaft aus Hochhäusern, die entlang von mehreren breiten Straßen angeordnet waren.

Das Telefon klingelte. Harald hob ab. Es war Bernd.

„Hast du schon aus dem Fenster geblickt?“

„Ja.“

„Was ist passiert?“

„Woher soll ich das wissen?“

„Ach komm schon, Harald. Diese komischen Bots neulich … Das warst doch du, der Ihnen gesagt hat, daß wir mehr Wohnungen brauchen.“

„Ja ja, aber ich meinte doch nicht so.“

„Was hast du ihnen denn gesagt, bitte schön? Du meintest doch, du mußtest irgendeine Zustimmung erteilen.“

Harald erinnerte sich genau. „Wenn Sie uns die Zustimmung erteilen, können wir eine Restrukturierung autorisieren, die eine kompaktere Bauweise ermöglicht.“ Das hatte der Bauarbeiter zu ihm gesagt. Merkwürdig, er konnte sich an den exakten Wortlaut erinnern. Aber erst jetzt wurde ihm klar, wozu er die Zustimmung erteilt hatte.

„Harald, bist du noch dran?“

„Äh … Ja.“

„Und, was war das, was hast du denen gesagt?“

„Ach … Das war nur so ne allgemeine Freigabe, daß sie neuen Wohnraum errichten dürfen.“

„Aber wozu brauchen Sie denn dafür eine Freigabe von dir?“

„Was weiß ich!“

 

Abends im Schiefen Eck war es das Gesprächsthema. Die Kneipe schien unverändert. Immerhin eine Sache, auf die Verlaß war.

„Ich habe nur noch die Hälfte meiner bisherigen Wohnfläche und blicke auf ein Parkhaus! Vorher war da ein Park!“, meinte Luka.

„Ich wohne direkt im Erdgeschoß an der vierspurigen Straße. Zum Glück gibt es hier keine Autos.“ Das war Dirk. „Sag mal, Harald, hast du uns das eingebrockt?“, fragte er.

„Nein, wie kommst du denn darauf?“

„Na, du hast doch mit denen gesprochen!“

„Ja, aber es war nie die Rede von Hochhäusern!“

„Und wie erklärst du dir das?“ Ingo hielt einen Zettel hoch, auf dem Bedankt euch bei Harald! stand. „Wurde mir heute morgen unter der Tür durchgeschoben.“

Alle sahen ihn mit großen Augen an.

„Also Leute, echt, das könnte jeder gewesen sein.“

„Was hast du mit denen besprochen?“

„Nix, also nur halt, daß wir mehr Wohnraum brauchen.“

„Ja, da dachten wir eher daran, daß mehr schicke Häuschen gebaut werden, nicht so eine Einöde!“

„Ja, dachte ich doch auch!“

„Er hat denen sein Einverständnis erteilt, daß sie alles umgestalten“, platzte Bernd heraus.

Harald wurde blaß. „Nein … Das war nur so eine allgemeine Einverständniserklärung …“

„ ‚Wenn Sie uns die Zustimmung erteilen, können wir eine Restrukturierung autorisieren, die eine kompaktere Bauweise ermöglicht.‘ War es das, wozu du dein Einverständnis gegeben hast?“ Harald wedelte ebenfalls mit einem Zettel. „Wurde heute morgen unter meiner Tür durchgeschoben.“

Harald bekam rote Flecken im Gesicht. „Äh …“

Alle sahen ihn an.

„Hört mal, es tut mir leid. Ich wollte das doch nicht. Ich wußte gar nicht … Ich …“

Auf einmal fingen sie alle an zu lachen.

„Reingefallen!“

Harald saß starr da. Er schaute blöd in die Runde. „Äh … Hä?“

„Mann, Harald, das war alles nur ein kleiner Streich, den wir dir gespielt haben.“

„Wie? Was denn ‚alles‘? Ich verstehe nicht …“

„Es fing ganz harmlos an, daß wir einfach Bernd hier engagiert haben, daß er deinen Mitbewohner spielt.“

Bernd grinste.

„Dann hast du dich da total reingesteigert mit deiner Wohnungsnot. Also haben wir ein paar Leute engagiert, die Obdachlose spielen. Naja, und der Rest ergab sich von selbst. Die Bauarbeiter hatten wir natürlich auch gebrieft. Die fanden das auch extremst lustig, so zu tun, als wären sie Roboter. Ja, und dann noch das mit den Hochhäusern …“

„Ja, wie habt ihr das denn bitte gemacht?“

„Harald, wir lieben dich, aber du bist ein ignorantes Arschloch. Denkst du, alle wohnen hier in schicken Villen?“

„Du bist echt arrogant“, bestätigte Frank.

„Arschloch!“, zischte Ingo.

„Naja, also haben wir dich einfach betäubt …“

„Betäubt?“

„Ja, du säufst ja wie ein Loch, da muß man nur was reinmischen, fertig.“

„Waas?“

„Und dann haben wir dich in den Nachbarort gebracht, so sieht es hier aus. Und du erkennst ihn nicht, Mann, es ist der NACHBARORT!“

„So ein blöder Penner“, meinte Luka.

„Tja, und das wäre es dann auch schon gewesen. Nur ne kleine Lektion!“

„Ich fasse es nicht. Ihr seid echt …“

„Ist doch lustig, oder?“

„Ihr seid doch nicht mehr normal.“

„Ein klassischer Bernd, würde ich sagen. BERND, AUF EX!“

„Bernd, Bernd, Bernd!!“

Bernd exte seinen Wodka, dann zogen sie noch um die Häuser.

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Voll krass der Text. Irgendwie so mindblowing oder so.
Wieland hat gesagt…
Harald wachte auf. Hatte er nicht gerade eine Stimme gehört? Tatsächlich! Jemand sang! In der Küche. In seiner Küche. Sang dieses Stück, den Gefangenenchor, aus dieser einen Oper von Verdi. Er traf die Töne, aber textsicher war er nicht. Eigentlich sang er gar keinen Text, nur einzelne Vokale und Laute. „Da-daa-da-daaaaa-daaaaa-da-daaaaaaaa-lalalalalalalaaaaaaaaaaa … Doo-do-dododododododooooo-dodododoooooooo.“

Harald stand auf, ging in den Flur und öffnete die Tür zur Küche. Jemand stand am Herd, ihm den Rücken zugewandt, und briet Rührei. Es roch herrlich. Aber … Warum in seiner Küche? Wie war er hier reingekommen?

Der Fremde musste etwas gemerkt haben. Er sah sich um. Als er Harald sah, erschrak er. Er schrie kurz auf, ließ beinahe die Bratpfanne fallen, fing sich wieder und starrte Harald an. „Wer sind Sie? Was machen Sie hier?“

„Das gleiche könnte ich Sie fragen. Was machen Sie in meiner Wohnung?“

„Ach, wohnt hier schon jemand? Das ist ja seltsam. Ich dachte irgendwie, man kommt in eine leere Wohnung, wenn man ankommt.“

„Kommt man eigentlich auch. Wie, also du bist gerade erst angekommen?“

„Japp, letzte Nacht. Bin gleich in die Federn, und heute morgen war ich super ausgeschlafen, und dann waren da diese Eier im Kühlschrank … Es paßte einfach alles.“

„Aha. Aber … Ich versteh’s nicht. Wieso in meiner Wohnung?“

„Wir müssen wohl mal zur Verwaltung gehen.“

„Hä? Verwaltung? Wovon redest du? Hier gibt’s keine Verwaltung!“

„Nicht? Aber … Was, wenn mal die Heizung ausfällt? Oder das Licht?“

„Nee, das passiert nicht, das haben die so programmiert.“

„Was, wenn ich das Ei anbrennen lasse?“
Wieland hat gesagt…
„Das geht nicht. Habe ich schon probiert.“

„Hä, echt?“

„Das ist hier alles so programmiert, daß wir hier friedlich für immer unsere Tage verbringen können.“

„Für immer … Schon kraß irgendwie …“

„Tja … Oder bis die Stromquelle alle ist oder so. Weiß ich auch nicht, so lange bin ich hier ja noch nicht.“

„Wie lange bist du schon hier?“

„Ich bin jetzt drei Monate tot, also … so lange bin ich quasi hier.“

„Schon kraß … Als Kind hätte ich es gehaßt, in so ner Kleinstadt zu stranden, aber jetzt, wo man tot ist, ändert sich schon ein Stück weit die Perspektive.“

„Hm, total. Man ist einfach … Es ist einfach egal alles.“

„Mhm.“

„Wie heißt du eigentlich?“

„Ich bin Bernd.“

„Harald.“

„OK, cool. Aber was ist denn jetzt wegen der Sache, daß wir uns hier eine Wohnung teilen müssen? Was machen wir da jetzt?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht kannst du ja eine andere Wohnung suchen. Muß ja für jeden eine geben eigentlich.“

„Bist du sicher?“

„Ja, das haben die doch gesagt, jeder hat eine eigene Wohnung, wenn man möchte. Also, es gibt auch für Familien oder was man will, aber man kann auch alleine. Das haben die gesagt. Und das hatte ich auch angekreuzt, ganz sicher. Ich war ja auch allein bis jetzt.“

„Ja, stimmt, hatte ich auch angekreuzt, glaube ich. Also, da gab es auch die Option „Ich lasse mich überraschen“, da hatte ich kurz überlegt …“

„Wirklich? Bei der Frage, wie du in alle Ewigkeit leben willst, kreuzt du an „Ich lasse mich überraschen“? Was ist das denn für ne bescheuerte Idee?“

„Ja, habe ich ja dann auch nicht angekreuzt, aber kurz überlegt halt, man kann ja auch mal ein bißchen offen sein …“

„Ja, weißt du, wer sich auch noch „überraschen lassen“ will? Vielleicht ein Kannibale oder irgendein Perverser.“

„Das ist jetzt aber nicht sehr wahrscheinlich.“

„Also ich gehe lieber auf Nummer Sicher, wenn es um die Ewigkeit geht.“

„Ja … Habe ich dann ja auch nicht angekreuzt, wie gesagt.“

„Naja. Jetzt sind wir beide also hier. Dann müssen wir einfach mal rausgehen und uns umhören. Habe jetzt spontan auch keine Lösung.“



Leider hatte noch niemand von dem Problem gehört. Alle lebten so in der Simulation, wie sie es angekreuzt hatten. Wenn sie auch fragten: Daß spontan ein neuer Mitbewohner auftauchte, war ein bisher unbekanntes Problem.

Bis sie Benno trafen. Er hatte selber bei der Firma gearbeitet, die die Simulation programmiert hatte. „Ich habe denen das von Anfang an gesagt, daß die Sim zu wenig Wohnraum generiert. Wollte keiner hören. Man hätte viel mehr Speicherkapazitäten einplanen müssen.“

„Aber das kann doch kein großes Problem sein. Dann nimmt man halt … mehr Speicher dazu?“

„Nee, das geht im Nachhinein … Ist das nicht so einfach. Man muß die ganze Umgebung neu aufsetzen, weil sonst Performance-Probleme drohen. Bei einer Bandbreite von …“

„Äh, ich habe eher nichts verstanden. Ich bin … war Musiklehrer von Beruf und hatte nicht so Berührungspunkte mit Internet und so.“

„Mit Internet hat das nichts zu tun, das ist eher eine … Naja, ist ja auch egal. Jedenfalls bin ich gespannt, wie sie das jetzt gelöst haben wollen.“

„Was, wenn sie es nicht gelöst kriegen?“

„Dann wird es hier ungemütlich.“



Einige Wochen später. Bernd lebte immer noch bei Harald. Er lief durch den Park mit dem schönen Springbrunnen, sein abendlicher Jogginglauf. Man mußte sich ja fithalten. Obwohl … Eigentlich ja nicht mehr, aber er war es so gewohnt. Am Wegesrand lagen einige Menschen herum, sie hatten sich notdürftige Behausungen gebaut. „Hast du eine Wohnung für mich“, fragte einer. Ein anderer wedelte mit Geldscheinen, in der anderen Hand ein Schild, auf der „Wohnung dringend gesucht!!!“ stand.



„Wir müssen das selbst in die Hand nehmen!“

„Haff du waff gewagp?“ Harald kam aus dem Bad, die Zahnbürste im Mund. Auch das eine Angewohnheit, die hier im Grunde überflüssig war.

„Ich habe gesagt, wir müssen das selbst in die Hand nehmen. Die ganzen Obdachlosen im Park, das geht doch so nicht weiter. Und daß die Firma da nicht mal reagiert, echt kraß.“

„Was willst du denn machen? Reklamieren kann man ja nicht.“

Wieland hat gesagt…
„Wir müssen selber bauen!“

„Selber bauen?“

„Genau! Wir gehen raus aus der Stadt und bauen da einfach.“

„Aber … Geht das denn?“

„Wieso sollte das nicht gehen? Hier geht doch alles?“

„Hm … Joar … Stimmt eigentlich.“

„Also, los geht’s!“

„Was? Wie geht’s denn los?“

„Wir fragen, wer mitmacht!“



„Das klingt nach einer guten Idee! Also, im Prinzip. Nur sollte man natürlich ein bißchen auf die Ästhetik achten.“

„Ja, aber am wichtigsten ist doch, daß wir unser Wohnungsproblem lösen!“

„Ja, klar. Das ist virulent. Aber trotzdem sollten wir unser Stadtbild hier nicht verschandeln mit irgend so ner … Siedlung, verstehen Sie?“

Thomas redete sich gerade in Rage. Er war zu Lebzeiten Architekt gewesen und hatte in einem Ortsbeirat als Bürgerdeputierter gearbeitet.

„Also, eine einheitliche Traufhöhe wäre zum Beispiel wichtig. Und dann sollte es einen Gestaltungskatalog geben für die unterschiedlichen Bauherren.“

„Was, Bauherren? Wir bauen hier! Wir sind die Bauherren! Wozu brauch ich da einen Gestaltungskatalog?“ Harald war sichtlich genervt von dem engagierten Mitbürger.

„Wie, du willst selber bauen?“, schaltete sich eine weitere Person ein. „Weißt du denn, wie das geht?“

„Nein, aber … Es wird hier doch Bauleute geben, oder?“

„Weiß nicht. Es war ja ziemlich teuer, sich hier einzukaufen, also … Ich wäre nicht so sicher.“

„Ach, stimmt … Hmm.“ Harald kratzte sich am Kinn. „Naja, wir müssen halt mal gucken. Kennt hier jemand einen Bauarbeiter? Also jemanden, der auf dem Bau gearbeitet hat?“

„Hier, ich habe als Maurer gearbeitet!“

„Sehr gut. Dann könnten Sie ja beim Hausbau schon mal mitmachen.“

„Was für? Hausbau?“

„Ja, das müßten Sie ja können!“

„Ja, können ist die eine Seite … Wobei ich auch nur die Maurertätigkeiten jetzt wirklich kann …“

„Ja …?“

„Die andere Seite ist das Material.“

„Das Material?“

„Na klar. Ich brauche Beton, Stahlpfeiler, Fenster, Türen, ein Gerüst, Baumaschinen …“

„Ja, das wird nicht so leicht, das zu besorgen …“

„Das wird unmöglich, sage ich. Und eine Sache noch.“

„Ja?“

„Die entscheidende Frage ist: Warum sollte ich?“

„Wie … so? Wie meinen Sie das?“

Der Maurer stellte sich breitbeinig hin und verschränkte die Arme. „Naja, wieso sollte ich mich hier hinstellen und arbeiten? Was habe ich davon?“

„Naja, Sie haben ja vielleicht gesehen, daß wir ein Problem mit Wohnungslosigkeit haben.“

„Ja, nu, aber ich bin jetzt der Blöde hier, der sich darum kümmern muß?“

„Nein, also … Wir können Ihnen ja helfen …“

Der Maurer sah ihn abschätzig an. „Sie sind doch ein halbes Hemd, was wollen Sie denn dazu beitragen?“

„Ich kann dafür Dinge planen, vielleicht die Logistik klären. Backoffice wäre auch eine Stärke von mir.“

„M-hm, so sehen Sie auch aus. Naja, wenn Sie zwanzig, dreißig Leute zusammenkriegen, sprechen wir uns wieder.“

Auf dem Weg nach Hause sah Harald eine Gruppe Bauarbeiter im Schatten eines Baumes stehen. Merkwürdig, er hatte noch nie zuvor welche gesehen! Er pirschte sich an sie heran. Als er näher kam, merkte er, daß sie einfach nur dastanden. Sie redeten nicht; sie machten auch sonst nichts.

„Hallo?“

Einer der Arbeiter drehte sich zu ihm. „Ja, bitte?“

„Äh … Ich wollte nicht stören …“

„Kein Problem! Was kann ich für Sie tun?“

Harald schilderte das Problem.

„Eine Fügung des Schicksals, daß ich sie hier treffe. Darf ich mit Ihrer Unterstützung rechnen?“

„Bedaure. Das ist leider nicht möglich.“

„Oh. Warum denn nicht? Macht es Sie nicht auch betroffen, daß so viele Neuankömmlinge auf der Straße leben müssen?“

„Nein.“

„Nein?“
Wieland hat gesagt…
„Nein, weil wir keine Betroffenheit verspüren können.“

„Wer wir? Das verstehe ich nicht.“

Der Arbeiter sah sich zu seinen Kollegen um, die wiederum nervös zu ihm hinblickten. Schließlich wandte er sich wieder Harald zu.

„Wir sind sogenannte Non-Player-Characters, d.h. wir sind computergeneriert und simulieren eine durchschnittliche Bevölkerungszusammensetzung, soweit diese hier nicht gegeben ist.“

„Äh … Okay.“ Harald guckte blöd umher.

„Wieviele … Non-Player-Dingsda gibt es denn?“

„Oh, es gibt sehr viele. Im Grunde alle, die Ihnen Dienstleistungen anbieten, die etwas verkaufen, kurz gesagt: die hier arbeiten.“

Harald blieb der Mund offen stehen. „Aber … das hätte ich doch gemerkt? Ich meine, ihr steht hier rum wie auf Stand-By. Das habe ich noch nie gesehen!“

„Das liegt vermutlich daran, dass die NPCs sehr gut programmiert sind. Es ist aber vermutlich auch darauf zurückzuführen, daß menschliche Wesen mit einem höheren sozialen Status anderen als menschlich wahrgenommenen Wesen mit einem niedrigeren sozialen Status nur die absolut notwendige Beachtung schenken.“

„Nein, das stimmt nicht! Ich hatte schon immer Freunde aller Couleur, da bin ich völlig blind.“

„Ich kenne Ihre Gesundheitsdaten, Herr Paradoski, Sie sind nicht blind.“

„Nein … Ich meine: Für mich spielen soziale Unterschiede keine Rolle.“

„Wie erklären Sie sich dann, daß Sie nicht bemerkt haben, daß Sie in einer Welt voller Androiden leben?“

Harald war sprachlos. Sollte er tatsächlich so ignorant sein? Das entsprach überhaupt nicht seinem Selbstbild. Das eigentlich Schlimme aber war, daß diese NPCs ihnen nicht beim Hausbau helfen konnten. Obwohl …

„Sagt mal, ihr NPCs, könnt ihr uns helfen, neue Häuser zu bauen?“

„Nein, für körperliche Belastungen sind wir nicht ausgelegt.“

„Aber ihr seid doch Bauarbeiter?“

„Wir simulieren die Existenz von Bauarbeitern. Das ist ein großer Unterschied. Sie haben vermutlich noch nie Bauarbeiten hier beobachtet, oder?“

„Stimmt, habe ich nicht. Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.“

„Das bestätigt die These, dass Sie Tätigkeiten wie diesen nur geringe Beachtung schenken.“

„Ja ja“. Harald war gereizt. Es ärgerte ihn, daß der Roboter recht hatte.

„Aber vielleicht können wir Ihnen trotzdem helfen.“

„Aha. Wie denn?“




Wieland hat gesagt…
Hallo, ich bin Wieland. Ich kopiere immer den Artikel und poste ihn das als Kommentar drunter. Oder ich stelle mich vor und schreibe, dass ich den Artikel kopiere und drunter als Kommentar poste.
Anonym hat gesagt…
@Anonym Können Sie bitte aufhören, den Text zu kommentieren? Das ist echt nervig!
Antonia Mega-Minivan hat gesagt…
@Wieland, danke, dass Sie den Text noch mal wiederholt haben! Ich habe aber beim Lesen einer Zeile kurz nicht aufgepasst und dann war ich schon in der nächsten Zeile. Könnten Sie den Text vielleicht noch mal wiederholen?
Wieland hat gesagt…
@Antonia Mega-Minivan: Nein, also das kann ich nicht machen.
Sehr geehrte Redaktion der KREM,
könnten Sie uns freundlicherweise den Namen der/des Autorin/Autors mitteilen. Wir sind begeistert von dieser Kurzgeschichte und wollen sie gerne in die Shortlist für den Ingeborg Buchmann Preis in der Sparte Digital aufnehmen. Dafür müssten wir aber wie gesagt den Urheber:in-Namen wissen.

Mit freundlichen Grüßen
Lopold Mieter (Vorsitzender Kuratorium Ingeborg Buchmann Stiftung)
Antonia Mega-Minivan hat gesagt…
Ach, wie schade! Kommen Sie schon, geben Sie sich einen Ruck! Tun Sie es für Deutschland!
Anonym hat gesagt…
Ingebach-Borgmann-Stiftung
Sehr geehrte Redaktion DER KREM,

leider ist seit einigen Wochen ein Fake-Account aktiv, der unter dem Namen "Ingeborg Buchmann Stiftung" Gelder einwirbt, vorgeblich für unsere Stiftung. Dabei gehen die Täter immer nach dem gleichen Muster vor: Sie bekommen vorgeblich Interesse an einem Produkt des Unternehmens. Später werden die ahnungslosen Opfer dann "zur Kasse gebeten". Ich kann Sie nur vordringlich davor warnen, auf die Offerte der o.g. Stiftung einzugehen.

Mit besten Grüßen
Somalia Besse-Radieschen
Leiterin Öffentlichkeitsarbeit
Carl-Borgward-Stiftung hat gesagt…
Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten uns in aller Form von den unseriösen Geschäftspraktiken der o.g. Stiftungen abgrenzen. Bitte sehen Sie in Zukunft davon ab, uns Ihre Druckausgabe zuzusenden. Ihre Geschäftspartnerinnen haben uns dazu bewogen, künftig andere Werbepartner zu gewinnen.

Freundlich
Carl Borgward jun. jun.
Sohn von Carl Borgward jun.
Christoph Teusche hat gesagt…
Sehr geehrter Herr Borgward,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Dazu stelle ich folgendes fest:

1. Wir haben keine Druckausgabe.
2. Wir haben keine Werbepartner.
3. Bestünde mit Ihnen eine Werbepartnerschaft, wäre ein Kommentar unter einem unserer Beträge nicht ausreichend, um diese zu kündigen.

Freundliche Grüße
Christoph Teusche
Sehr geehrte Damen und Herren,

dieses Onlinemagazin scheint in einem so großen Maße unseriös zu sein, dass die Ingeborg Buchmann Stiftung davon absieht, eine hier veröffentlichte Kurzgeschichte in ihre Shortlist aufzunehmen.

Sie sollten Ihre Kommentarsektion moderieren! Es ist eine Frechheit, was über uns geschrieben wurde!

Mit freundlichen Grüßen
Lopold Mieter (Vorsitzender Kuratorium Ingeborg Buchmann Stiftung)
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Was ist denn hier bitteschön los? Da bin ich mal für drei Wochen im Urlaub und dann vergrault ihr die INGEBORG BUCHMANN STIFTUNG??? Leute, natürlich sind die seriös! Lopold Mieter ist nicht irgendwer! Er schreibt im Literaturmagazin L.I.T.E.R:A.T.U.R eine wöchentliche Kolumne, die Kultstatus hat. Der wollte uns! Wir hätten vielleicht den Ingeborg Buchmann Preis bekommen!

Christoph, wer hat den Text eigentlich geschrieben? Justuts? Aygül? Einer von den Freien?
Christoph Teusche hat gesagt…
Jetzt beruhige dich mal, Rüdiger!
Ob du es glaubst oder nicht: Der Text ist das Ergebnis eines Hacker-Angriffs. Die Täter haben nichts auf der Seite verändert, sie haben lediglich diesen Text hochgeladen. Ist das nicht phantastisch? Und was für Stiftung angeht: ich könnte bei Google weder die eine noch die andere finden. Wir müssen den Gedanken zulassen, dass Hacker sich auch hier einen "Spaß" erlaubt haben.
Anonym hat gesagt…
Christoph noch mal. Ich habe schon wieder meine Login-Daten vergessen. Ich wollte nur sagen, dass ich natürlich trotzdem die Polizei verständigt habe. Aber der Text bleibt online, er ist ja auch ein Beweisstück.

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