Liebe Kunstbeflissenen!
Ich möchte Ihnen in der Folgezeit die
lyrischen Perlen der deutschen Kulturgeschichte vorstellen. Alle
Gedichte haben mich in meinem Leben begleitet und geprägt. Die
meisten Dichter kenne ich persönlich, viele sehen in mir ein Vorbild
und einen Quell der Inspiration, gar einen „Heiland“1.
Daher will ich auch nicht viel Kritisches sagen, aber ein paar
Randnotizen müssen erlaubt sein.
Das erste Gedicht stammt von dem viel zu früh
gestorbenen Ordham Schulze (1954–2008). Der in Gütersloh Geborene
fühlte sich schon in jungen Jahren zum Dichterfürsten berufen. In
der Schule eher unaufmerksam widmete er sich von Anfang an der
Poesie. Die Mutter einer Klassenkameradin, deren Poesiealbum er mit
einem Wahnsinnsgedicht beglückt hatte, verfügte, daß er in ein
Internat für musisch begabte Kinder gesteckt wurde – gegen seinen
Willen und den seiner Eltern. Die weite Entfernung vom Elternhaus
sowie das absolute Besuchsverbot ließen ihn in schwere Depressionen
fallen, von denen er sich zeit seines Lebens nicht erholte, die aber
seine Kreativität ins Unermeßliche steigerte. Die Gedichte „Ich
will zurück“ und „Holt mich hier raus“ wurden mit Preisen
überhäuft. Schulze, der sofort nach seinem Abitur wieder zu seinen
(inzwischen toten) Eltern zog, wurde einer der bekanntesten Dichter der
Stilrichtung „Das grüne Karree“ – ich muß zugeben, daß mich
der Name inspiriert hat, als ich meine Beitragsreihe hier beim KREM
„Ritt ins Blau“ nannte. Lesen Sie nun Ordham Schulzes Gedicht
„Gott“.
Ordham
Schulze:
Gott
(v
2004)
Gott
feiert wie immer
Seinen
unendlichsten Geburtstag
Doch
der Heilige Zeitgeist droht
Ihn
in den Schatten zu stellen
Und
an Karfreitag sind Passionsfrüchte
Saisonbedingt
günstig zu haben
Üb
immer Treu‘ und Redlichkeit,
Das
gibt Haltungsnoten im Himmel!
Mir fehlen die Worte!
Besser kann man es nicht sagen. Hier stimmt einfach alles. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf ein scheinbares (und tatsächliches) Detail lenken: Schulze verwendet keine Satzzeichen, nur im Letzten Satz bricht er dieses Paradigma auf? Eine bewußte Tat oder lediglich ein Versehen?
Besser kann man es nicht sagen. Hier stimmt einfach alles. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf ein scheinbares (und tatsächliches) Detail lenken: Schulze verwendet keine Satzzeichen, nur im Letzten Satz bricht er dieses Paradigma auf? Eine bewußte Tat oder lediglich ein Versehen?
Zweiteres, versicherte mir der beredte Westfalener.
Er wollte es dann aber nicht mehr wegmachen, weil ja irgendein
Dahergelaufener darin einen tieferen Sinn sehen könnte. Da war ich
sprachlos, zunächst wegen der Arroganz, gepaart mit Faulheit, die
mir entgegenschlug, später einfach nur so. Und auch heute werde ich
meiner Analyse kein Wort mehr hinzufügen.
1Von
mir ausgedacht.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen