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Rund sein

Patrik saß auf seiner unendlich hässlichen Couch und starrte seine hellbraune Wand an. Ob heute noch was passieren würde, fragte er sich – vermutlich nicht, dachte er. Er legte sich hin und schloss seine Augen. Nach zehn Minuten tat er sie wieder auf und schaute zu der uns inzwischen bekannten hellbraunen Wand. Er langweilte sich ja so, soooooo sehr langweilte er sich. Er schloss die Augen erneut und schlief nach einiger Zeit ein. Er schnarchte und seine Zunge hing über seine ausgefransten Lippen aus dem Maul heraus. Enorme Mengen Speichel verlor Patrik aufgrund dieser Anordnung an die Umwelt. Er riss nach diesem leichten Schlaf die Augen auf und zog die Zunge in den Mund, er kurbelte sie hinein. Kurz darauf erinnerte sich an etwas. Neulich hatte er herausgefunden, dass sein Körper zu Erstaunlichem im Stande ist. Wenn Patrik mit seiner Hand eine beliebige Stelle seines Körpers eindrückt, bleibt die Stelle auch nach Ende der Druckausübung eingedrückt. Daneben kann er seine Körperteile in jegliche Richtung biegen, ohne dass sie zurückschnellen. Patriks Körper verhält sich ziemlich genau wie Knete. Da Patrik unverändert gelangweilt war, begann er, an sich rum zu modellieren. Er drückte mit seinem rechten Daumen in seinen ganzen Körper kleine Löcherchen hinein. Diese blieben so. Nach ein paar Minuten sah Patrik sehr gruselig aus. Sein gesamter Körper war übersät mit Eindellungen, die, und das erstaunte ihn am meisten, gar nicht weh taten. Sie fühlten sich nicht mal irgendwie besonders an. Sie waren einfach da, sahen grässlich aus und blieben so. Patrik ekelte sich vor sich selbst und bereute, dass er sein Äußeres so entstellt hatte. Mit einem Staubsauger versuchte er die Eindellungen wieder herauszusaugen. Das klappte selbstverständlich nicht, eigentlich verschlimmerte es das ganze nur. Denn beim Aufsetzen des runden Saugrohres drückte er ringförmige Abdrücke um die Eindellungen herum in seinen stark deformierten Körper. Patrik warf den Staubsauger verärgert beiseite und legte sich wieder hin. Er betrachtete sich und dachte auf einmal: „Jetzt ist es auch wurscht“. Patrik griff mit der rechten Hand an seinen Bauch und dellte ihn komplett ein. Anschließend machte er sich an seine Beine. Er fing bei den Füßen an und rollte ein Bein nach dem anderen komplett auf. Die zwei Beinspulen drückte er zusammen und erzeugte so einen medizinballgroßen Kloß. Patrik konnte sich kaum auf seinem Gesäß halten, da er inzwischen zu wenig Sitzfläche übrig hatte, um das Gleichgewicht zu halten – er war zu unförmig zum Sitzen. Auf der Seite liegend knetete sich Patrik den Kopf ein und drückte ihn in den Beineball. Patrik war zu einem unförmigen Haufen geworden, aus dem nur noch zwei Arme hingen. Sein Ziel war, sich selbst zu einer perfekten Kugel zu kneten. Dazu legte er seinen linken Arm an den Rumpf an und drückte ihn mit dem rechten Arm fest dagegen. Das ging gut und machte Patrik hörbar Spaß, denn immer wieder tönte ein Kichern aus dem Menschenkloß heraus. Nun hatte Patrik das Problem, dass er seinen noch unversehrten rechten Arm nicht zerkneten konnte, da er dies genau mit diesem Arm hätte machen müssen. Der einigermaßen runde Menschenhaufen, ehemals ein passabel aussehender Middreißger vom Typ Cary Grant, lag jetzt einfach so da und rollte gelegentlich etwas umher. Ein Ball mit Arm.
Da Patrik auch in diesem Zustand immer wieder von der von ihm gehassten Langeweile eingeholt wurde, patschte er mit der Hand auf sich rum und zog sich durch den Raum.
Auf einmal ging die Tür auf. Es waren seine Kinder, Leon (12) und Ullrike (14). Klar kamen sie jetzt nach Hause. Es war 15:30 Uhr und heute hatten beide sieben Stunden Unterricht. Vorhin, bevor die Kinder ihren alleinerziehenden Vater zur Schule verlassen haben, hatte er ihnen noch gesagt, dass sie für immer zusammenhalten würden. Jetzt, wo Mama weg war, wäre das auch verdammt notwendig, so der liebende Vater – jetzt ist er ein Kloß mit Arm. Wie soll sich Patrik, ein bis dahin wirklich liebevoller Vater, noch um seine Kinder kümmern können? Mal schauen ;-P

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Und was passiert jetzt mit den Kindern?
Justus Matereit hat gesagt…
Ich kündige! Schlüssel liegt unter dem Findling. War scheiße bei euch!
Magdalena Stürf hat gesagt…
Ich kündige auch!
Lionelle Schnullermacher hat gesagt…
Ich kündige nicht, ich bin aber auch kein Redaktionsmitglied :-P Wollte mal meine Meinung zu der Geschichte veräußern. Da steht, der Mann hätte "ausgefranste[ ] Lippen", gleichzeitig aber auch das Aussehen von Cary Grant. Wie solln des gehen? Cary Grant sah ziemlich gut aus und hatte sicher keine "ausgefransten Lippen" (was auch immer das genau sein soll). Diese Unstimmigkeit ist sehr auffällig. Außerdem wollte ich mal was wissen. Ich habe schon Eintrittskarten für den KREM-Film besorgt für den 27.9. Jetzt ist es leider so, dass meine Ururgroßmutter am 27.9. beerdigt wird. Ich würde meine Karte gerne umtauschen, kann ich das direkt beim KREM machen oder nur bei der örtlichen Konzertkasse?

Danke schon mal toitoitoi
Christoph Teusche hat gesagt…
Häh, wo steht denn was von Cary Grant? Ich habe den Text jetzt dreimal durchgelesen und die Stelle nicht gefunden!
Sie können die Karte leider nicht umtauschen,, Frau Schnullermacher. Außerdem ist sie nicht übertragbar. Und Sie haben Anwesenheitspflicht! Tut mir leid, ich habe mir die Regeln nicht ausgedacht (das sagt man so, tatsächlich habe ich mir die Regeln ausgedacht).

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