Sandro, der Eichelhäher, war
entsetzt: Seine Frau hatte ihn betrogen mit Sandro, einem anderen
Eichelhäher! Leider hießen sie alle Sandro, denn Namen dienen
Eichelhähern nicht zur Unterscheidung, sondern als schlichte
Anredemöglichkeit. Er hatte sie auf frischer Tat ertappt. Kaum am
Astloch angekommen, machte er auf dem Absatz kehrt und flog,
noch halb im Schock, auf den nächstgelegenen Ast. Seine Frau Nicole
(auch hier das gleiche Spiel mit den Namen) kam ihm
hinterhergeflogen. „Sandro … Du mußt es verstehen … Er hat
einfach ein prächtigeres Gefieder …“ Sandro drehte sich
demonstrativ weg. „Nicole hatte recht. Ich hätte gleich einen
Bogen um dich machen sollen.“ Auf Nicoles Miene zeigte sich
Enttäuschung und ein bißchen Wut. „Mann, Sandro, versteh mich
doch. Mensch, ich brauche doch gesunden Nachwuchs!“ - „Ja, geh
doch zu deinem tollen Sandro, mit mir Krüppel brauchst du dich nicht
abgeben.“ Er machte sich flugbereit. Heiser krächzte sie: „Ich
lieb' dich immer noch.“ Er hielt inne, blickte etwas zur Seite,
dann breitete er die Flügel aus und flog davon. Nicole blickte ihm
lange nach, in ihren Augen sammelten sich Tränen.
Im Kaninchenbau war gerade
WG-Versammlung. Einer der Bewohner, Tim, stellte ein junges,
weibliches Kaninchen vor. „Darf ich vorstellen: Das ist Johanna.
Sie studiert Management an der FH Rüsselsheim und absolviert gerade
ein Praktikum bei einem Autozulieferer. Für diese Zeit wird sie bei
uns wohnen.“ Kai und Hannes, die anderen männlichen WG-Insassen,
nickten ihr anerkennend zu. Caro, die letzte im Bunde, atmete
auf: „Na, dann bin ich ja nicht mehr allein hier in dieser
Männer-Bude! Endlich zieht hier ein wenig weiblicher Geist ein!“
Johanna entgegnete: „Hi ihr, ist echt voll cool, dass das so
schnell geklappt hat mit dem Zimmer! Is' ja echt super schwierig,
hier ne Wohnung zu finden! Und dann so 'ne geile Lage!“ Kai
entschloss sich, auch was zu sagen: „Also, wenn ich dir mal die
Stadt zeigen soll oder so, brauchst du es nur zu sagen!“ Hannes
schloss sich an: „Du musst unbedingt unseren Lieblings-Italiener
kennenlernen!“ Caro lächelte: „Hey, voll nett von euch, Jungs,
aber ich glaube, jetzt brauche ich erst mal 'ne frische Dusche!“
Ingo, die Ratte, saß in seiner
Lieblingsecke und hörte Jefferson Airplane. Den Unterarm
hatte er sich abgebunden. Gerade war er dabei, das Heroin in die
Spritze zu ziehen, als er am Eingang des Baus Geräusche
hörte. Hastig warf er die Spritze beiseite und versuchte, den Arm
loszubinden, doch es war zu spät. Kazimiera, seine Frau kam, herein.
Als sie ihn sah, begann sie zu weinen. „Hey, Kasi, Schatz, hör auf
zu weinen ...“ Kazimiera versuchte, aufzuhören, aber es
funktionierte nicht. „Du hast versprochen! Was ich soll machen?
Jeden Tag ich weiß nicht, ob du bist tot!“ - „Kasi, Schatz, ich
hör auf damit, wirklich! Ich mach 'ne Therapie, gleich morgen!“
„Das du sagst jedes Mal, aber nie du machst!“ Weinend stürmte
Kazimiera aus dem Bau. Mit einer Mischung aus Ratlosigkeit und Trauer
sah Ingo ihr nach, bevor er sich dazu entschloss, jetzt doch noch mal
Heroin zu nehmen.
To be continued ...
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