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Ein unbekanntes Tier (2/5)

„Ich heiße Tob.“, sagte das Schimpansenjunge. „Wie heißt du?“ „Einfach Tob? Das ist ja ein lustiger Name.“ „Manno, ich kann doch nichts dafür. Meine Eltern haben den Namen ausgesucht.“ „Ist ja gut, tut mir leid. Ich habe so einen Namen halt noch nie gehört. Was mich angeht … Ich weiß nicht, ob ich überhaupt einen Namen habe.“ „Du siehst anders aus als wir!“ „Ja, das habe ich auch schon gemerkt. Ich bin wohl ein anderes Tier. Ich weiß aber nicht, was für eins. Ich bin ein unbekanntes Tier.“ „Ein unbekanntes Tier?“ „Ja.“ „Wollen wir jetzt fangen spielen?“ „Ich weiß nicht. Ja, warum eigentlich nicht? Dann lauf mal los!“ Aber als Tob loslief, kam er nicht ansatzweise hinterher. Darum hatte Tob auch bald keine Lust mehr und nervte lieber seine Eltern. Er hatte noch nie probiert, schnell zu laufen. Offenbar war er nicht rennfähig. Flugfähig war er auch nicht, was blieb ihm dann? Plötzlich stand Zibor vor ihm.
„Der kleine Steppke ist immer mopsfidel, nicht wahr?“ „Allerdings, ja.“, stammelte der vermeintliche Kormoran schüchtern. Zibor war nicht irgendein Schimpanse, wenn er ihn für wichtig genug hielt, um mit ihm zu sprechen, dann hatte er es gewissermaßen geschafft. „Ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Du sehnst dich nach den anderen deiner Art, nicht wahr?“ „Naja … schon ein bißchen.“, antwortete er zu seiner eigenen Überraschung, aber es stimmte wirklich. Die einseitige Fixierung auf die „Primaten“, um es mit Zibors Worten zu sagen, war nur eine Ersatzhandlung, um das völlige Fehlen von sozialen Kontakten zu seinesgleichen zu kompensieren. „Hör zu, ich weiß nicht, wo es hier im Zoo andere Vögel gibt, die wie du aussehen.“ Er verstand nur die Hälfte. Vögel? Zoo? Aber das wollte er sich nicht anmerken lassen. „Aber wenn du willst, kannst du einer von uns werden. Also, nicht physisch, aber wir würden dich in unsere Gruppe integrieren. Weißt du, wir planen einen Aufstand, und da können wir jeden auf unserer Seite gebrauchen.“ „Einen Aufstand plant ihr? Was meinst du damit?“ Er kam sich total dumm vor, aber woher sollte er wissen, was gemeint war? „Wir brechen aus, alle gemeinsam, und lassen es wie einen Fehler der Wärter aussehen. Vielleicht können wir auch noch die Bonobos da mit hineinziehen. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.“ „Das ist gut, die Bonobos kann wirklich keiner leiden!“, versuchte er sich bei Zibor lieb Kind zu machen. Es gelang ihm. „Genau, diese dämlichen, triebgesteuerten Primaten!“ „Ich dachte, ihr seid Primaten!“ „Naja ... stimmt. Aber das sind minderwertige Primaten. Guck sie dir doch an! Mit ihren blöden Gesichtern. Naja, wem sage ich das. Du magst sie ja offenbar auch nicht.“ „Nein, sie sind total pervers. Sie zeigen mit immer ihre Genitalien.“ „Ich weiß, was ist mit denen nur nicht in Ordnung, oder? Naja, jedenfalls kannst du zu uns herüberkommen, wenn du magst!“ „Danke, Zibor!“ „Du kennst ja sogar meinen Namen! Und wie lautet deiner?“ „Ich habe keinen, glaube ich!“ „Dann heißt du ab heute auch Zibor!“ „Könnte das nicht zu Verwechslungen führen?“ „Du hast recht. Denn eben Tibor!“ Zibor fletschte die Zähne, drehte sich um und machte sich von dannen. Tibor ging ihm mit stolzgeschwellter Brust hinterher.

Kommentare

Erich N. Kothmeister hat gesagt…
schon mal was von "Blocksatz" gehört, Ihr KREM-Arschis???!!!!

Benutzt den mal, das sieht wirklich besser aus :) mein kleiner tipp an euch :.) :-=}
Christoph Teusche hat gesagt…
Sie sind uns ja mal ein Schlaumeier! Darauf wären wir NIE ohne Sie gekommen! Wollen Sie bei uns arbeiten? In der Textabnahme? Ja? Wollen Sie?
Erich N. Kothmeister hat gesagt…
Ich würde gerne, ja :) wann darf ich beginnen? und vorallem wo? ich hörte von einer so genannten "waldredaktion", stimmt das?

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