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Ritt ins Blau – Achter Teil: Der Autor kennt kein Ende – helfen Sie ihm!

Liebe Leserinnen, Leser! Der Schriftsteller, den ich heute vorstelle, ist ausnahmsweise kein Verstorbener/Bald-Schon-Verstorbener, sondern im Gegenteil noch nicht allzu lange am Leben, ein „Jungschriftsteller“: Schlomo Braune.
Zu Ostern gebe ich Ihnen sein Erstlingswerk, eine Kurzgeschichte, die in seinem Blog „Ohne Gleichen Keiner“ (www.ohnegleichenkeiner.to) erschienen ist. Eines Kommentars behebe ich mich diesmal und wünsche Ihnen ein fröhliches Osterfest!

Herzlichst Ihr Wilhelm Brannt

PS: Vielleicht doch eine kleine Anmerkung: Der Titel der Geschichte bezieht sich meines Erachtens auf das stilistisch offenbar absichtlich nicht geglückte Ende. Man spürt gleichsam, wie hier übers Ziel hinausgeschossen wird. Wo hätten Sie das Ende gesetzt, lieber Leser? Braune läßt hier die eigenen Grenzen sichtlich werden, auf daß Sie diese bei sich austesten! Viel Spaß beim Lesen!


Der Autor kennt kein Ende – helfen Sie ihm!

„Frau Doktor Hülsen, ich habe seit letzter Zeit immer so einen Traum!“ „So, Herr Privat, da sind Sie ja bei mir goldrichtig. Um was für einen Traum handelt es sich denn?“
„Wissen Sie, es ist ganz seltsam: In meinem Traum bin ich in einem fremden Ort und will nur noch weg, warum, weiß ich nicht, ich verspüre ein Gefühl, das einer Mischung aus Panik und Heimweh entspricht. Ich habe aber kein Auto, und in dem Ort gibt es keinen Bahnhof. Dafür gibt es einen im Nachbarort, kurz hinter der Grenze der Gemeinde. Man kann ihn von dem Ort, in dem ich mich aufhalte, gut sehen. Von irgendwoher weiß ich, daß in diesem Ort angriffslustige Hunde lauern und Fremde zerfleischen. Sie können aber die Grenze nicht überwinden. Na gut, denke ich mir, die sind sicher in der Ortsmitte, aber doch nicht an diesem grenznahen Bahnhof. Kurz bevor der Zug kommt, überschreite ich die Grenze, ich halte nach den Hunden Ausschau, nichts zu sehen. Doch kurz vor dem Bahnhof sehe ich sie, wie sie sich sehr schnellen Schrittes nähern, es sind viele, sie geifern und schnauben. Ich renne zurück, und die Hunde postieren sich genau an der Grenze. Sie warten, bis der Zug abgefahren ist, dann ziehen sie wieder ab. Was bedeutet dieser Traum, Frau Hülsen?“
Frau Hülsen überlegt kurz, dann äußert sie bestimmt: „Wissen Sie, Herr Privat, das hört sich nach einem ernstzunehmenden Problem an. Ich habe ein paar Fragen: Haben Ihre Eltern, als Sie jung waren ...“
„Reingelegt! Ich habe das noch nie geträumt, sondern mir gerade ausgedacht! Ich halte Psychologie nämlich nur für Psycho-Quatsch. Das wollte ich nur mal veranschaulichen mit dieser Geschichte! Sie denken jetzt, ich hätte irgendein Problem! Ha! Dabei habe ich es mir nur ausgedacht! Das ist wirklich zum Schießen!“
„Herr Privat, ich wünschte, es wäre so einfach, aber das ist es nicht! Daß Sie hierher kommen, um mir diese Geschichte aufzutischen, deutet auf einen noch viel schwerwiegenden Problemfall hin!“
„Ja, ja, das müssen Sie ja jetzt sagen zu Ihrer Ehrenrettung. Aber mit Ihrem Psycho-Quatsch ...“
„Es handelt sich nicht um ein psychologisches Problem!“
„Hä? Um was denn sonst?“
„Sie haben Krebs!“
„Wie bitte? Krebs?“
„Ja! Das ist ein typisches Symptom, das Sie einem Psychologen unechte Träume schildern, ein Fall aus dem Psychologie-Lehrbuch. Aber fragen Sie gern einen anderen Arzt, wenn Sie mir nicht glauben.“
„W-Was? Krebs? Aber ...“ Herr Privat sieht bestürzt ins Leere. „Da ist mein Streich ja ganz schön nach hinten losgegangen.“
„Sie konnten nicht anders, es mußte so kommen. Wie gesagt: Ein typisches Zeichen für einen Krebs-Patienten im fortgeschrittenen Stadium.“
„Was? Im fortgeschrittenen Stadium auch noch?“
„Ich fürchte ja.“
„Oh nein … Tut mir echt leid, daß ich Ihre medizinisch-wissenschaftliche Expertise infrage gestellt habe.“ - „Schon vergessen. Ich wünsche Ihnen alles Gute, auch wenn ich Ihnen nicht viel Hoffnung mache.“ Als Herr Privat sich schon zum Gehen wendet, ruft Frau Hülsen ihm hinterher: „Warten Sie ...“ - „Ja?“ - „Ich habe Sie veräppelt, Sie haben kein Krebs.“ - „ …“ - „Ich war sauer, weil Sie echt unverschämt waren vorhin!“ - „Ich habe Ihnen das sowieso keine Sekunde geglaubt!“ - „Doch, das haben Sie!“ - „Nein!“ - „Doch!“ - „Nein!“ - „Doch!“ - „Nein!“

Kommentare

Ippi hat gesagt…
Dieses Ende ist eine Un-ver-schämt-heit!
Ißßi hat gesagt…
"Ippi?? Was ist denn das für ein Name bitte?
Supersoft Borsig hat gesagt…
@Ißßi: Scheiße oder was? Lass Ippi mal in Ruhe. Dein Doppel-ß finde ich aber ziemlich nice! :)
Ißßi hat gesagt…
Danke :):):)

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