Als seien die Wände aus Pappe –
Scheinbar mühelos drücken die kleinen Bagger das Skelett das alten
Fachwerkhauses ein, bevor sie es aufbrechen und auseinanderreißen.
Wand für Wand, Balken für Balken zerfleischt die hungrige Schaufel, was über ein halbes Jahrtausend stand – jeder
Denkmalschützer würde auf der Stelle zu weinen beginnen.
Ich befinde mich auf dem Grundstück
des 1347 erstmals urkundlich erwähnten Gut Pötzsch in Sachsen,
welches der Abrissbirne zum Opfer fallen muss.
Das in Mitteleuropa einzigartige Fachwerk-Ensemble aus Herrenhaus, Bauernhof, Parkanlage und diversen Naturdenkmalen wird in genau in diesem Moment abgebrochen, wie es so schön heißt, im Abrissjargon. Damit das jedoch geordnet und schnell über die Bühne gehen kann, muss ein Mann all das lenken. 1,64 groß, von der Sonne gegerbt und immer auf zack, so würde sich Denny Zirstens selber beschreiben, wenn ich ihn darum gebeten hätte. Ein Erfolgsmensch, keine Frage. 1972 geboren und aufgewachsen im brandenburgischen Kradesch, Abschluss an der polytechnischen Oberschule, danach die Selbstständigkeit. Anfangs tingelte er nur mit Spitzhacke und Vorschlaghammer auf seinem Fahrrad durch den Südwesten Brandenburgs, um Mauern oder auch mal Wände einzureißen. Das war Anfang der 90er Jahre. Jetzt besitzt Zirstens ein 53-Mann-Unternehmen und ist für den Abbruch historischer Bausubstanz die Anlaufstelle Nr. 1 im Osten der Republik.
Das in Mitteleuropa einzigartige Fachwerk-Ensemble aus Herrenhaus, Bauernhof, Parkanlage und diversen Naturdenkmalen wird in genau in diesem Moment abgebrochen, wie es so schön heißt, im Abrissjargon. Damit das jedoch geordnet und schnell über die Bühne gehen kann, muss ein Mann all das lenken. 1,64 groß, von der Sonne gegerbt und immer auf zack, so würde sich Denny Zirstens selber beschreiben, wenn ich ihn darum gebeten hätte. Ein Erfolgsmensch, keine Frage. 1972 geboren und aufgewachsen im brandenburgischen Kradesch, Abschluss an der polytechnischen Oberschule, danach die Selbstständigkeit. Anfangs tingelte er nur mit Spitzhacke und Vorschlaghammer auf seinem Fahrrad durch den Südwesten Brandenburgs, um Mauern oder auch mal Wände einzureißen. Das war Anfang der 90er Jahre. Jetzt besitzt Zirstens ein 53-Mann-Unternehmen und ist für den Abbruch historischer Bausubstanz die Anlaufstelle Nr. 1 im Osten der Republik.
KREMagazin: Herr Zirstens, wie kamen Sie
darauf, sich auf den Abbruch historischer Bausubstanz zu
spezialisieren?
Zirstens: Tja, wenn man sich behaupten
will in dem Haifischbecken der „Abbrecher“ (lacht), dann muss man
sich seine Nische suchen. Und für mich war relativ schnell klar,
dass der Abriss historischer Bauten das ist, was ich mein Leben lang
machen möchte. Schauen Sie mal, hinter mir wird gerade ein
Riesengrundstück, im wahrsten Sinne des Wortes, verwüstet. Das
macht mir einfach Freude (lacht).
KREMagazin: Herr Zirstens, tut es Ihnen denn
nicht manchmal weh, ein Haus oder einen ganzen Gebäudekomplex, der
vielleicht schon etliche Jahrhunderte alt ist, zu zerstören.
Zirstens: Irgendwo tut das schon
manchmal weh. Aber dann muss man halt die Arschbacken zusammenkneifen
und einfach anfangen. Wenn man schon dabei ist, ein altes Haus kaputt
zu machen, dann ist es viel leichter, als vorher.
KREMagazin: Aha. Werden denn teilweise alte
Gegenstände, Zeugnisse der Vergangenheit, vielleicht künstlerisch
wertvolle Dinge oder das Inventar, gerettet. Es gibt doch sicher
Museen oder Privatpersonen, Liebhaber, die sich für so etwas
interessieren.
Zirstens: Ja, die gibt es, keine Frage.
Aber hier muss ich mit einem klaren „Nein“ antworten. Da wird
nichts gerettet, das landet alles auf dem Müll. Wir haben da immer
einen schönen großen Container. Sehen sie, der wird hier gerade
hergefahren, da kommt dann alles rein. Wir schmeißen ausnahmslos
alles rein und dann ist es sowieso kaputt. Danach hat das ja keinen
Wert mehr für irgendwelche „Liebhaber“ (lacht).
KREMagazin: Können Sie uns vielleicht
erklären, wie das vonstatten geht, wenn ein historischer Komplex
abgerissen wird? In vielen Fällen steht historische Bausubstanz
ja unter Denkmalsschutz. Wieso wird denn zum Beispiel gerade hier
dieses fast 700 Jahre alte Gut abgebrochen.
Zirstens: Tja, da gibt es verschiedene
Gründe: Ein Grund ist beispielsweise eine planerische Erwägung der
Gemeinde. Oft müssen historische Bauten Umgehungsstraßen weichen.
Auch der Begriff der Wirtschaftlichkeit spielt häufig eine große
Rolle. Beim Gut Pötzsch gibt es eine ziemlich diffizile Erbsituation
(lacht). Das gesamte Gut gehört 14 Privatpersonen, die allesamt
verarmt sind. Keiner von denen wohnt hier in der Nähe und keiner hat
irgendein Interesse daran, das Gut zu erhalten, nur ein einziger, ein
Kunsthistoriker (lacht). Tja ja, die Kunsthistoriker haben wohl
standesgemäß Interesse an so was. Ich meine, schauen Sie doch mal,
wie filigran diese Arbeiten an den Balken sind, und das Gefache habe
ich so auch noch nicht gesehen, also sicherlich ist das einmalig, was
wir hier gerade zerstören (lacht). Ach so, worauf ich hinaus
wollte, dieser eine Miteigentümer kann die anderen natürlich nicht
ausbezahlen und jetzt wurde das ganze verkauft. An ein
Logistikunternehmen, das hier einen Parkplatz hin bauen wird. Sie
sehen, hier verkommt nichts, das wird sofort weitergenutzt.
KREMagazin: Wenn Sie so ein Abrissehrgeiz
haben, haben Sie denn einen Lieblingsabrissauftrag oder einen
Prestige-Auftrag, auf den sie Stolz sind?
Zirstens: Oh, den habe ich! Das war
1997, da war ich natürlich noch ziemlich jung, ein richtiger
Grünschnabel (lacht). Ich habe den gesamten Abriss des
Gründerzeit-Stadtviertels Göbenau-Zenkewitz organisiert. 244
Gründerzeithäuser abgerissen, ganz alleine. Da verdrückt man schon
mal die ein oder andere Träne, wenn man so was machen darf (lacht).
KREMagazin: Davon hat man ja sogar in der
Zeitung lesen können, es gab erheblichen Widerstand...
Zirstens: ...Oh ja, den gab's. Etliche
Bürgerinitiativen. „Ihr zerstört unsere Identität – Ihr nehmt
uns unseren Wohnraum“ haben die Leute auf den Demos gerufen, da
musste ich immer lachen (lacht). Da waren etliche soziale und
kulturelle Initiativen in den ganzen Häusern drinne, aber auch einfach normale Mieter.
Natürlich darf man diese ganze Kritik nicht so an einen ran lassen,
da muss man auch einfach die Schotten dicht machen, Sie
verstehen?
KREMagazin: Nein, ich verstehe nicht. Warum der Abriss eines ganzen Stadtviertels?
Zirstens: Naja, nachdem dort alles
entmietet wurde, gab es flächendeckenden Leerstand. Und wo Leerstand
herrscht, verfällt die Bausubstanz ziemlich schnell und was noch
viel schlimmer ist, Vandalismus macht sich breit. Und das macht mich
persönlich wirklich fuchsig. Wie dort mit den alten Häusern
umgegangen wird, ist für mich völlig unverständlich (lacht und grinst). Da werden
alte Fenster und Türen zerstört, ganz ohne Grund. Und dann diese
Schmierereien, wo Hinz und Kunz ihren Namen auf jede Wand schreiben
müssen ... naja, und damit all das nicht geschieht, „retten“ wir
die Häuser quasi durch flächendeckenden Totalabriss. Das klingt
wahrscheinlich paradox für Sie.
KREMagazin: Das tut es. Und was befindet sich
jetzt in dem Stadtviertel? Das ist ja ein Riesenareal.
Zirstens: Also bis zum letzten Jahr
waren da nur Stellplätze für Autos, die aber kaum genutzt wurden.
Also eigentlich war da die letzten 16 Jahre gar nichts. Jetzt hat
aber wohl so ein Investor aus Münster große Teile von dem Gebiet
gekauft, der da, jetzt passen Sie auf, „Ein neues Lebensgefühl“
entstehen lassen möchte. Soll also heißen: Der baut da jetzt
Eigentumswohnungen hin, so ca. 150-1100 m² Wohnfläche.
Quadratmeterpreis so um die 500 Euro. Also ich kann mit so
„schickimicki“ ja nichts anfangen, aber sollen die mal machen
(lacht). Ich habe einen Flyer, da steht alles drauf, den kann ich
Ihnen geben.
KREMagazin: Wissen Sie denn, wie viele
Gebäude Sie in Ihrer ganzen Laufbahn als Abbruchunternehmer zerstört
haben?
Zirstens: (lacht) Sie werden mich für
verrückt erklären, aber das weiß ich genau. 8831. Und dieser
ehrwürdige Fachwerkbau, vor dem wir gerade stehen, ist das 8832ste.
Fragen Sie andere Abrissunternehmer, wenn diese nur ansatzweise
vergleichbar viel Herzblut haben wie ich, dann wissen sie mit
Sicherheit von jedem Haus, das sie abgerissen haben. All diese Häuser
sind für mich wie meine eigenen Kinder, die ich … äh, naja ...
zerstören darf. Gut, dieser Vergleich hinkt ein wenig, aber ich
hoffe, Sie können das ein bisschen nachvollziehen.
KREMagazin: Nein, das kann ich nicht. Andere
Frage: Was ist für die Zukunft geplant, Herr Zirstens, gibt es schon
Projekte?
Zirstens: Einige alte Bahnhofsgebäude,
darunter auch etliche in Polen. Da bin ich schon sehr gespannt, wie
die Arbeit wird, mit den polnischen Kollegen. Ansonsten zwei völlig
zerwohnte Wohnviertel – schon wieder so ein für Sie sicher
drolliger Begriff. Ich finde das ja häufig selber lustig, ich meine,
wer immer nur ernst ist und nie schmunzeln kann, der wird als
Abrissunternehmer einfach nicht weit kommen. So eine Prise Schalk im
Nacken ist einfach meine Arbeitskleidung (lacht). Aber zurück zum
Begriff „zerwohnt“. Wenn ein Areal „zerwohnt“ ist, dann kann
mit viel planerischem Können wieder Nutzfläche entstehen. Aber bei
einem 92er, der „Zerwohntheit ohne Ausschluss“, muss das gesamte
Areal zu Mondlandschaft gemacht werden, damit wieder irgendetwas dort
entstehen kann … ah ja, und natürlich die alte Papier- und
Zigarettenfabrik von Scheckwitz-Dorschen. Ein sehr prächtiger,
wunderschöner Schinkelbau von 1807, der bis 1991 genutzt wurde. An
dem kann man wirklich Geschichte ablesen. Wenn Sie zeit haben,
schauen Sie sich den am besten nochmal an, der muss bald einem Neubau für einen Discounter weichen. Sie sehen, solange sich
alte Häuser nicht selber abreißen, habe ich reichlich zu tun
(lacht).
KREMagazin: Mal angenommen, Sie hätten jeden
Altbau in Deutschland abgerissen, wie sähe ihre berufliche Zukunft
dann aus?
Zirstens: Tja, mit Altbauten ist es ja
leider wie mit Erdöl, wenn sie weg sind, sind sie weg. Aber ehrlich
gesagt mag ich mir gar nicht vorstellen, dass es keine Altbauten mehr
gibt, die ich abreißen kann. Da ist noch so viel alte Bausubstanz in
Deutschland, meine Enkel werden noch flächendeckenden Abriss
betreiben können, glauben Sie mir.
KREMagazin: Herr Zirstens, vielen Dank für
das Gespräch.
Zirstens: Ach was, ich habe zu danken.
Das Gespräch führte Friedemann
Vagenicht.
Kommentare
ich weiß ja, daß Sie alle für Ihre Namen nichts können (Namen bekommt man von seinen Eltern). Dennoch bitte ich Sie, nicht mehr Ihre echten Namen an zu geben, da der Kommentarbereich des KREMs dadurch "verhäßlicht". Bitte geben Sie sich zukünftig schönere Namen wie etwa ... oder ...
Die Redaktion der KREM
Was ist das denn bitte für ein Hänger, der Typ. Das geht ja mal gar nicht.
Liebe Redaktion der KREM: Warum in aller Welt führt ihr neuerdings nur noch Interviews mit solchen Idioten? Das klingt langsam wirklich so, als hättet Ihr euch das alles nur ausgedacht. Aber wenn's hier im Internet steht, muss es natürlich wahr sein.
Ein treuer Leser, der auf baldige Qualitätssteigerung wartet.
ich habe die Vermutung, daß Sie ein "Kacksturm" sind. Sind Sie einer? Ja? Sind Sie einer?
*neidisch sei*
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