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Im Augenzentrum

„Mavvper? Das soll Ihr Vorname sein? Mavvper Weinstein? Ich will ja nichts sagen aber ich habe noch nie so einen komischen Vornamen gehört.“
„Tja, fragen Sie meine Eltern, was das sollte. Ich finde den Namen auch etwas unglücklich gewählt. Bitte lassen sie uns nicht weiter drüber sprechen, gut?“
„Okay, lassen wir das, Herr Weinstein. Sagen Sie, warum sind Sie hier?“
„Hier, schauen Sie, das ist die Überweisung von meinem Hausarzt Dr. Kleinemjuock...“
„Kleinemjuock? Oh Mann, das ist ja schon wieder so ein komischer Name. Können Sie mir spaßeshalber noch den Vornamen von Ihrem Arzt nennen? Warten Sie, er heißt bestimmt „Pattequät“ oder „Reügjeè“
„Da muss ich Sie enttäuschen, er heißt Peter, ganz einfach Peter.“
 

Das war natürlich gelogen, eigentlich hieß er Huklsafft-Jebatschgern, aber das wollte Mavvper natürlich nicht verraten.

„Peter, das ist ja mal ein relativ normaler Name.“
„Sehen Sie.“
„Also gut Herr Weinstein, Sie können im Wartezimmer Platz nehmen, der Herr Doktor wird Sie dann aufrufen.

Der Warteraum war kahl, drei mannshohe Gummibäume standen vor dem Fenster, graue Landschaftsbilder hingen an der Wand. Ein gehirnamputierter Mann saß in der Ecke.

„Guten Tag.“
„Hallo.“
„Sagen Sie, ist gerade jemand im Behandlungsraum? Ich habe heute nämlich nicht so viel Zeit.“
„Ja, ein kleiner Junge, der einen sehr tiefen Schnitt im rechten Auge hat. Geht ihm den Umständen entsprechend.“
„Oh!“
„Der ist aber schon lang drinnen, der ist bestimmt gleich fertig verarztet.“
„Ah ja.“

Mavvper hängte seinen Mantel an die Garderobe und setzte sich in die Ecke, schräg vor den Gehirnamputierten. Mit großen Augen musterte dieser Mavvper, als er mit den Händen auf seine Oberschenkel schlug, dass es ein schmatzendes Geräusch gab.

„Sagen Sie, dürfte ich Sie etwas fragen?“
„Natürlich, schießen Sie los!“
„Warum sind Sie hier?“
„Tja, mir ist was ganz Dummes passiert. Ich war im Umland Vögel beobachten. Wo genau spielt jetzt keine Rolle, jedenfalls hatte ich einen Feldstecher dabei. Sie wissen ja sicherlich, was das ist … auf jeden Fall habe ich dann auf einmal ganz weit weg einen ziemlich großen Vogel gesehen, wahrscheinlich einen Kranich. Ich wollte mich dann schnell anpirschen, aber leider habe ich dabei die ganze Zeit durch das Fernglas geschaut, sodass ich den Boden nicht im Blick hatte. Und dann war da halt diese Wurzel, über die ich gestolpert bin, und zack – bin ich auf mein Gesicht gefallen. Und den Feldstecher hatte ich noch an den Augen, sodass ich mir diese Durchguckdinger in meine Augen gerammt habe. Oder eigentlich, sodass mir diese Durchguckdinger meine Augäpfel in den Kopf gerammt haben. Und jetzt sind meine Augen zwei cm tiefer im Kopf als vorher.“
„Stimmt, jetzt wo sie es sagen, das sieht ja schlimm aus, boah, können Sie denn noch was sehen?“
„Schon, aber irgendwie ist mir dadurch ständig schwindelig und ich verspüre ein komischen Druck im Kopf.“
„Das ist wirklich heftig.“
„Auf jeden Fall. Aber jetzt zu Ihnen, was haben Sie denn?“
„Das will ich nicht sagen.“
„Och was, ehrlich? Ich habe Ihnen doch auch meine Geschichte erzählt, kommen Sie schon, raus mit der Sprache!“
„Nein, ich will das nicht!“
„Das finde ich wirklich komisch...“
„Tja, so ist es eben. Ich kann Ihnen aber gerne eine andere Geschichte erzählen.“
„Will ich aber nicht“
„Dann halt nicht!“

Kurz wurde geschwiegen.

„Ach kommen Sie schon, jetzt erzählen Sie halt, warum Sie hier sind!“
„Na-hein!“
„Och manno!“
„Genau, och manno...“
„Das ist sehr unhöflich von Ihnen! Irgendwo ist das auch eine Frage des Respekts, ich meine, ich habe Ihnen auch meine Geschichte erzählt.
„Wissen Sie was? Das ist mir egal! Sie hätten mir ja nichts erzählen brauchen.“

Mavvper war sehr aufgebracht.

„Ich hoffe, gleich wenn der Arzt Sie in den Untersuchungsraum ruft, wird er sagen: 'Oh oh oh, Sie sehen gar nicht gut aus, setzen Sie sich. Ich habe hier Ihre Werte und die sind sehr schlecht. Sie haben in jeder Körperzelle einen bösartigen Tumor. Da bleibt mir nur noch die Bestattung. Wollen wir diese sofort vornehmen? Hier, in meiner Praxis? Dazu muss ich nur die Holzdielen aufbrechen...'“
„Das ist ja kindisch. Außerdem sagt man sowas nicht.“
„Halten Sie den Rand!“
„Nein, ernsthaft, sowas sagt man nicht!“
„Ich sage sowas und jetzt halten Sie endlich Ihre Schnauze.“

Wieder verging einige Zeit, ohne dass geredet wurde. Schließlich kam der kleine Junge zur Tür hinein, er hielt sein rechtes Auge fest, es schmerzte ihn sehr. Mavvper registrierte dies.
Der kleine Junge wollte seine Jacke von der Garderobe nehmen, doch sie war nicht da.
Verängstigt lief er durch den Raum und schaute unter und auf den Stühlen nach. Er blieb vor Mavvper stehen und blickte diesen an.

„Ich glaube, Sie sitzen auf meiner Jacke. Könnten Sie vielleicht mal Ihren Popo hochheben, dann kann ich das besser sehen.“
„Junger Mann, ich werde meinen Popo nicht heben, da ich nicht auf deiner Jacke sitze.“
„Bitte, machen Sie das mal, die muss da sein.“
„Vielleicht sitzt der bekloppte Mann da drüben auf der Jacke, frag ihn doch mal.“

Auf einmal erklang ein Lautsprecher. „Herr Schnuthen-Deo bitte in den Behandlungsraum!“

Der Gehirnamputierte stand auf und bewegte sich durch die Tür, unter ihm lag keine Jacke.

„Sehen Sie, da ist nichts, könnten Sie jetzt bitte aufstehen? Ich muss zur Schule und ohne meine Jacke kann ich da nicht hingehen. Ich bekomme von Mama Ärger, wenn meine Jacke weg ist. Also bitte stehen Sie auf!“
„Nein, ich stehe ganz sicher nicht auf, Kleiner. Vielleicht hattest du gar keine Jacke dabei.“

Der Junge begann zu weinen.

„Draußen sind zwei Grad, natürlich hatte ich eine Jacke an.“
„Ach was, frag doch den Arzt oder irgendwen hier, wo deine Jacke ist, aber nicht mich.“

Unter dem Gesäß von Mavvper lugte inzwischen eine Kaputze vor, sie gehörte offensichtlich zu der Jacke des Jungen.

„Da, da, da!“, schrie der Junge, „Da ist sie!“

Mavvper schob die Jacke wieder komplett zurück unter sein Gesäß.

„Nee, nee, da ist nichts, da ist gar nichts. So, kleiner Mann, jetzt geh weg!“

Der Junge begann zu schreien, da kam auch schon die Krankenschwester von der Rezeption in den Warteraum geeilt.

„Was ist denn los?“
„Der Junge macht nur Kinderquatsch, ich habe ihm schon gesagt, dass das so nicht geht, aber Sie wissen ja, wie Kinder sind. Die machen, was sie wollen, tja, Kinder halt, nicht wahr?“

Die Rezeptionistin war erleichtert.

„Ja ja Herr Weinstein, da haben sie wohl recht. Sie sagen es. „Kinderquatsch“, den machen meine Kleinen auch immer.“

Die Rezeptionistin verschwand wieder. Der Junge weinte und fragte Mavvper, warum er so böse zu ihm war.

„Tja … gute Frage, sage ich dir aber nicht. Geh' jetzt besser nach Hause.
„Ich muss aber in die Schule.“
„Dann geh' halt dahin!“

Der kleine Junge ging aus der Arztpraxis, schlenderte durch das Treppenhaus und verließ tieftraurig das „Augapfel-, Iris- und Pupillenzentrum Niederow“. Er fror.
Und Mavvper, unser liebgewonnener Held, erfreute sich einer neuen Jacke. Gut, sie war deutlich zu klein, doch trug er sie fortan jeden Tag. Selbst für seine Augen sah es gut aus, sie konnten durch einen Mini-Stark-Sauger wieder hervorgeholt werden. "Jetzt sitzen Sie wieder!"
Und Herr Schnuthen-Deo, der Gehirnamputierte, musste noch lange im Behandlungsraum bleiben. Was er wohl hatte? Wir werden es nicht mehr erfahren.
Was wir jedoch sicher wissen, ist, daß dieser 12. Oktober 2001 einen wirklich schönen Sonnenuntergang bot.



Liebe KREMer, jetzt sind Sie dran! Wenn Sie eine Fortsetzung dieser Geschichte wünschen, dann schreiben Sie dies bitte als Kommentar unter diesen Post. Bei mehr als zwanzig positiven Rückmeldungen wird sich unser Autor Frantz Mahlenhaff sofort Zettel und Stift zur Hand nehmen, um am Computer die Fortsetzung zu schreiben.

Die Redaktion DER KREM



Kommentare

Rond Freibremmer hat gesagt…
Bitte keine Fortsetung!
Ditter Kohtwoche hat gesagt…
Genau, bitte nicht fortsetzen
Anonym hat gesagt…
Ich schließe mich meinen Vorrednern an
Hepferich-Kneu Mensau hat gesagt…
Ich denke, eine Fortsetzung wäre hier fehl am Platze
Erwin Kot hat gesagt…
Nicht weitermachen!!!!!
Papst Franziskus hat gesagt…
Per favore per favore non fare più che era merda totale ... mooooolto merda
Die Weltordnung hat gesagt…
► ☼ ☼ • ▬ ↕ ♦ ☻◄ (Nicht weitermachen)
Jurist hat gesagt…
Bloß nicht weitermachen
Furchtbarer Jurist hat gesagt…
Auf keinen Fall fortsetzen
hat gesagt…
Die ist kein Kommentar.
Sawd el abn Kassif hat gesagt…
من فضلك لا تضع بعيدا هذهالقصة
spacegirl_324 hat gesagt…
Hat einer Lust zu chatten?

PS: Nicht fortsetzen bitte :-)
UNIZEF Deutschland hat gesagt…
Hallo, kent jemand die Adresse von dem Jungen? Wir eürden ihn gern in ein Knderheim tun, weil er es schlecht hatte.
Wolfgang Heusler hat gesagt…
Sind Sie wirklich DAS Kinderhilfswerk?
UNIZEF Deutschland hat gesagt…
Ja, genau! Haben sie die adresse.
Wolfgang Heusler hat gesagt…
Nee, ich bin hier nur ein nichtsahnender Leser. Fragen Sie mal den Autor. Leider wird der bemi KREM nie gekennzeichnet.
Christoph Teusche hat gesagt…
Sehr geehrter Herr Heusler,
da sprechen Sie tatsächlich unseren "wunden Punkt" an. Wir versuchen seit zwei Jahren, ein sogenanntes "Autoren-Tool" zu entwickeln, stecken aber noch ganz am Anfang. Wir schätzen aufmerksame Leser wie Sie! Bleiben Sie am Ball – fragen Sie in zwanzig Jahren noch mal nach!
PS: Wieso schreiben Sie "nichtsahnend"?
Wolfgang Heusler hat gesagt…
Weil UNIZEF sich als Perverser entpuppen wird, der nur die Adresse des Jungen will um ihn zu entführen.
Christoph Teusche hat gesagt…
Aber ... das ist ja schrecklich? Wie haben Sie das herausgefunden?
Wolfgang Heusler hat gesagt…
Das ist reiner gesunder Menschenverstand. Es handelt sich jedenfalls nicht um DAS Kinderhilfswerk. Tip: Achten Sie mal auf die Schreibweise von "UNIZEF" ... !
Opla Kosra hat gesagt…
Vielleicht sind auch Sie der Lügner, wer weiß das schon?
Opa Korsa hat gesagt…
Hey, sind wir verwandt?
Opla Kosra hat gesagt…
Ich glaube schon, ja.
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Die Reaktion ist eindeutig.
Ich denke, daß keine Fortsetzung der Geschichte erscheinen wird, zumindest nicht bei DER KREM.


Für die Redaktion

rsf
Die Weltordnung hat gesagt…
► ☼ • ▬ ☻↕ ☼ ♦ ◄
Frantz Mahlenhaff hat gesagt…
Nungut, dannn halt nicht!
Ich werde aber deshalb noch lange nicht meinen Stil ändern und solchen Einheitsbrei veröffentlichen, wie er allenthalben da zu lesen ist, wo Einheitsbrei veröffentlicht wurde.
Außerdem habe ich noch ca. 6-19 Schubladen, in denen unveröffentlichte Romane liegen...man wird noch von mir hören, das ist so sicher wie das Atmen in der Kirche!

Anonym hat gesagt…
Seyd wan wyrd in derr Kyrche geattmet?
Christoph Teusche hat gesagt…
???? Ich kann nur noch den Kopf schütteln ...
Anonym hat gesagt…
Sähr gutt !! .-/

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