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Schloß Shiceshire

Mein lieber Rortimer,
verzeiht mir, daß ich Euch jetzt erst schreibe! Ihr müßt Schlimmes von mir denken, doch ich konnte nicht anders. Zu aufgewühlt war ich von den Erlebnissen, um meine im Vergleich zu Euch überaus begrenzte Geistesleistung dem Verfassen eines Briefes zu widmen. Ich hoffe sehr, daß Ihr mir verzeihen könnt, wenn ich Euch in gebotener Kürze, aber mit den erforderlichen ausschmückenden Worten beschreibe, was mir hier widerfahren ist.
Schloß Shiceshire ist wunderbar! Als ich am vergangenen Freitag hier eintraf, durchfuhr mich ein wohliger Schauer ob der imposanten Erscheinung dieses überaus beeindruckenden Herrschafts­sitzes. Der Schloßherr, der Earl of Duchester, empfing uns auf dem Hof der adligen Wohnstatt. Sogleich klärte er uns über die Besonderheiten des Gebäudes auf: Die gesamte Anlage ist aus Meerespflanzen gebaut, der Earl nannte sie „Algen“. Diese sind mit einer Schicht aus gebrannten Mandeln verputzt, welche dem ganzen seine mondäne Ausstrahlung geben. Am beeindruckendsten aber sind die Fenster.
Oh, Rortimer, ihr werdet es mir nicht glauben, aber sie sind aus purem Marmor! Der Earl erklärte uns, daß die Algenschicht 2 Meter an Stärke aufweise, um das Gewicht der massiven Marmorplatten zu bewältigen, deren Dicke lediglich den zehnten Teil eines Millimeters betrage. Deshalb könne ein jeder auch bequem durch sie hindurchsehen.
Am allerbemerkenswertesten aber, lieber Rortimer, war das Pflaster im Hof des Palastes. Ihr müßt es mir glauben, verehrter Rortimer, es besteht aus einem Verbund von Zement und Kieselsteinen. Der Earl nennt diese einzigartige Symbiose liebevoll „Beton“. Ach, Rortimer, wenn ich jemals wieder nach Hause komme, dann werde ich unser Heim auch mit Beton pflastern, darauf könnt Ihr Euch schon freuen!
Als ob das eigenartige Material des Schlosses nicht schon genug wäre, um die Nacht schlaflos zu verbringen, ereigneten sich noch weitere Merkwürdigkeiten. Stellt Euch vor, welche Speise uns aufgetischt wurde: Der Earl ließ ungekochten Fisch mit einem dickkörnigen, weichen und wohlriechenden Getreide in grüne Blätter wickeln, die er von seinem Baumaterial nahm. Dazu reichte er eine fast schwarze, herb-sauer schmeckende Sauce, sowie feine Scheiben von Ingwer. Ihr werdet es nicht glauben, werter Rortimer, aber es mundete vorzüglich!
Wie Ihr Euch zweifelsohne vorstellen könnt, war ich nach dem Mahl innerlich sehr aufgewühlt. Es war mir, als sei alles, was ich bereits auf der Welt gesehen hatte, an diesem Tage Lügen gestraft worden! Pferde liefen rückwärts! Ja, tatsächlich, in diesem Moment liefen auf der fürstlichen Weide zwei Pferde rückwärts.
Ich taumelte auf mein Zimmer. Es war ganz nach meinem Geschmack. An der Wand hingen Portraits des Schloßherrn und seiner Familie, die in ihrer Darstellung eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Realität aufwiesen. Fast schien es, als habe man die Menschen dupliziert, verkleinert und auf ein Blatt Papier gepreßt, nur ohne die daraus resultierenden schweren Verwundungen. Der Earl hatte die Gemälde als „Photographien“ bezeichnet, als Lichtmalereien. Er erfindet gerne Wörter für die eigenwilligen Begebenheiten hier auf Schloß Shiceshire.
Mein lieber Rortimer, ihr werdet mir zustimmen, daß dies alles längst ausreicht, um so recht am eigenen Verstande zu zweifeln. Doch damit nicht genug, zu diesem Affront gegen meine Geistes­tätigkeit gesellte sich einer gegen meine Ehre. Doch lest selbst!
Die eigenartige Speise hatte mir, kaum lag ich im Bett, selten gekannte Schmerzen bereitet. Meine Innereien quälten mich, sie setzten mir ein Ultimatum, mein Körper forderte sein Recht, wenn Ihr mich versteht. Jedoch, auch wenn ihr versteht, erlaubt mir noch ein paar wortreiche Untermalungen: Es war mir, als sei mein Gedärm ein Dudelsack, durch das Speise geblasen wurde. Mein Leib fühlte sich wie ein Weizenbrot, drei Tage in Wasser gelegen, wie ein Höhle voller schwerem Lehm.
Ich verließ mein Gemach, denn es gab dort keine Verrichtungsmöglichkeiten. Einsam lief ich die langen, holzvertäfelten Gänge entlang, auf der Suche nach einer Stätte der Schande. Allein ich konnte nichts erblicken. Nach einer Zeit, die mir in meiner Pein ewig schien, hatte ich alle Flure besichtigt, alle Kammern erkundet. Ich hatte keinen Ort für meine Not erblickt! Mir wurde von Minute zu Minute banger, ich fühlte einen fiebrigen Zustand mich ereilen. In meiner Not faßte ich den Entschluß, in der Natur einen rettenden Hafen zu finden. Doch just in diesem Moment erschütterte der Ruf eines Wolfes die nächtliche Stille. Oh, Rortimer, ihr wißt, wie sehr ich die Tier­welt fürchte! Schon Katzen bereiten mir starkes Unbehagen, Hunde sind mir eine große Last, aber Wölfe ängstigen mich zu Tode. Ich konnte also nicht hinaus. Lieber Rortimer, bitte verzeiht mir, was ich tat, ich wußte keinen anderen Ausweg! Es war mir, als sei ich fremdbestimmt, als ich mir einen dunklen Ort im Schloß suchte, ihn in einer stockdunklen Halle fand und dort der Natur ihr Recht einräumte. Ich schämte mich dabei sehr, doch ich bin nur ein Mensch, kein Zauberwesen. Bestürzt schlich ich mich hinaus. Ich irrte noch dreiviertel Stunden umher, bis ich endlich meine Kammer fand. Ihr könnt euch vorstellen, mein lieber Rortimer, daß ich unverzüglich in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.
Am nächsten Morgen war ein großes Hallo, als ich endlich aufwachte. Die Zofe hatte mehrmals versucht, mich zu wecken, doch ich hätte geschlafen „wie ein Toter“, wie sie mich wissen ließ. Durch sie wurde ich auch gleich auf den neuesten Stand gebracht: „Stellt euch vor, es wurde eingebrochen! Die Diebe haben nichts gestohlen, aber sie haben dem Speisezimmer übel mitgespielt.“ Als ich verwundert nachfragte, wie sich deren Wirken niederschlage, entgegnete sie, sie sei zu wohlerzogen, um mir genaue Kunde zu geben. Mir schwante Schlimmes. Ich verließ mein Schlafstatt gen Speisezimmer. Ein grauenhafter Geruch schlug mir entgegen. Diener liefen an mir vorbei, sie trugen spezielle Kleidung zum Schutz vor Pestilenz und hatten Masken auf, die das Atmen erleichtern sollten. Eine Dame kam mir entgegen, die hier auch Gast war, ich erkannte sie vom gestrigen Mahl. Sie zog ein Kind hinter sich her, daß erbärmlich weinte. Als ich im Speisesaal ankam, bot sich mir ein grauenhaftes Bild. Ich erspare dir Einzelheiten, jedoch erkannte ich in ihm die stockdunkle Kammer der Nacht wieder. Wie hatte ich den Speisesaal nicht erkennen können? Ihr seht, ich war wie von Sinnen. Nach mir mußten weitere Menschen im Saal gewesen sein. Es stellte sich später heraus, daß es Lady Dickinsworth war, die sich Speise habe holen wollen. Sie habe in Ermangelung einer anderen Lichtquelle den Kamin entzünden wollen, entzündete jedoch die Fußbodenheizung. Dann tat sie einen Schritt zu der Stelle, an der ich vor ihr gewesen war. Erschrocken lief sie einmal quer durch das gesamte Zimmer und floh dann, ohne weitere Vorkehrungen zu treffen. Die Fußbodenheizung erwärmte den Raum und alles, was darinnen war, auf erkleckliche Temperaturen. Da das Schloß keine Fenster hatte, konnte der Geruch nicht entweichen, so daß das Schloß für ein Vierteljahr nicht nutzbar war. Lieber Rortimer, jetzt weißt du, was hier geschehen ist. Ich schreibe dir aus der Kutsche, die mich zum Flughafen bringt. Wenn du diese E-Mail liest, bevor ich ankomme, kannst du mich ja abholen. Bis dann! Tschüß!

Kommentare

Christiane Hafer-Linde hat gesagt…
Rah! Was für ein Bockmist schon wieder! Bock-Mist!
Karl Kölbl hat gesagt…
2015 fängt an, wie 2014 aufgehört hat.
Karl zockt hat gesagt…
Igitt igitt ... aber trotzdem gibt's nen 'Damen hoch' von mir :-)

Ich glaube, daß es ab jetzt aufwärts geht mein KREM
Marlon Maria Krankemann hat gesagt…
Ist das jetzt wirklich ein alter Schrieb oder sogenannnter "Fake"??

Noch ne Frage: Wo liegt denn Shiceshire? Das Schloss sieht wirklich geil aus!
Christiane Hafer-Linde hat gesagt…
Warum denn das? Wegen DER Geschichte? Echt jetzt?
Ulf Deter hat gesagt…
Das liegt bestimmt in England. Da gibt es ja auch "Yorkshire" und andere auf -shire endende Toponyme.
Ulf Deter hat gesagt…
Ja, sher lustig, einfach meinen Namen klauen! Ha ha! Haben wir gelacht!
Ulf Deter hat gesagt…
Hä? Was ist das denn? Ich bin der eigentliche Ulf Deter! Was geschieht hier?
Ulf Deter hat gesagt…
OK, ihr hattet euren Spaß, jetzt ist aber mal wieder gut, nicht wahr?
Ulf Deter hat gesagt…
Schon mal drüber nachgedacht, daß wir alle Ulf heißen?
Ulf Deter hat gesagt…
Schon mal drüber nachgedacht, daß du hier lauter Fake-Einträge machst?
Ulf Deter hat gesagt…
Ich heiße nicht wirklich Ulf Deter,
Wilma Groß-Rauskommen hat gesagt…
Gibt es ier eigentlich noch Leute wie mich, die einen doofen Namen haben?
Rainer Unsinn hat gesagt…
Ob es hier Leute wie Dich ...
Sag mal, lebst Du hinterm Mond? Wenn man dieses Blog liest, hat man die Vermutung, es sei Bedingung, kacke zu heißen, um hier kommentieren zu dürfen. Sieh u.a. mich an!
Kakke Haissen hat gesagt…
Oder auch mich!
Lasse Kaiken hat gesagt…
Oder mich, quasi als "Alter Ego" von Kakke.
kremfreund_01 hat gesagt…
Aber die erste war am Behindertsten.
Christoph Teusche hat gesagt…
Ach, Kremfreund, schön, Sie auch mal wieder hier begrüßen zu dürfen, auch wenn Ihre Kommentare fragwürdig wie eh und je sind. Meine Tochter wußte schon, warum Sie sich von Ihnen wieder getrennt hat. Sie schulden ihr übrigens noch Geld. Und übrigens nennen hier ALLE ihre Klarnamen – außer Ihnen. Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Matze hat gesagt…
na da hat einer wohl reinstes nougat aus dem rücken gedrückt, was ;-)

nicht erst nehmen, ist nur so ein spruch XD :-) °-)
Vergiß mein bitte nicht hat gesagt…
Setz' nen braunen Dampfer ins Klo und du bist für immer froh ... lalalaaaalalalaaaa
Opa Korsa hat gesagt…
ohne Worte ...
Christoph Teusche hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Christoph Teusche hat gesagt…
Kommen Sie nie wieder auf diese Seite, Sie sind hiermit verbannt!
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
@Christoph: Wir verbannen doch niemanden! Oder doch?
Sei er hiermit verwarnt, das halte ich für ausreichend.
Opel Korsow hat gesagt…
Was debil, Fahri...? Ich würd einfach sagen 'läuft bei ihm'

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