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Der Herr des Rings

Es war einmal ein Land, das war nicht von dieser Welt. Es lag im Gestern, hinter dem Schleier oder, sagen wir, zwischen Donnerstag und Freitag. Die Wesen in diesem Land waren keine Menschen, aber doch menschenähnlich, jedoch mit einer körperlichen Abweichung, in etwa von der Art wie zwei Widderhörner auf der Stirn. In diesem Land lebte auch Theuro. Theuro hatte keine Widderhörner. Seine Eltern machten sich Sorgen um ihn. Nicht nur, daß er anders aussah als die anderen, er lebte auch in einer anderen Welt – im übertragenen Sinne diesmal. Theuro gab nichts auf die zahlreichen Konventionen, er konnte nichts und niemanden ernstnehmen. „Junge, dir wird großes Unheil widerfahren“, das waren die Worte der Mutter, wenn er mal wieder die ungeschriebenen Regeln des Zusammenlebens gebrochen hatte. „Mir schwant Übles“, pflichtete ihr dann der Vater bei. Eines Tages ging Theuro sein Einhorn ausführen, da traf er am Wegesrand eine Fee. Feen waren nichts Ungewöhnliches in dem Land, in dem Theuro ...

2019 – Ein gutes Jahr

2019 hat Der KREM "gut lachen" Liebe Leserinnen und Leser, Der KREM wünscht Ihnen ein frohes neues Jahr. Vermutlich wundern Sie sich, warum wir so spät in das journalistische Jahr 2019 starten. Nun, dieses Wundern ist durchaus begründet. Andere Zeitschriften haben, sofern Monatsmagazine, Januar und Februar schon mit Januar- und Februarausgaben, wenn Wochenzeitschriften, dann sogar mit jeweils vier Erscheinungen pro Monat, also schon mit acht Ausgaben insgesamt, bedacht. Wir hingegen halten das sprichwörtlich „unbeschriebene Blatt“ in unseren glatten Händen. Aber was ist der Grund für dieses Verschlafen? Warum sollte eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift so etwas machen? Gibt es keine wirtschaftlichen Zwänge? Warum erfasst die allgegenwärtige Not des heutigen Journalismus uns nicht? Ende des Jahres haben sich die „Köpfe“ des KREMS, der Herausgeber, die ChefredakteurInnen sowie deren StellvertreterInnen, zusammengesetzt, und schonungslos bilanziert. Schnell wurde k...

Ritt ins Blau | Merten Cramer: Wildes Holz

Mein Vorgänger Wilhelm Brannt – Gott habe ihn selig! – hat sich ja mit zunehmender „Lebenserfahrung“ sehr an den Biographien und persönlichen Eigenheiten der Verfasser ausgelassen, selbst wenn schon das Verfasste selbst Grund genug bot, es abzulehnen. Ich möchte mich folglich wieder etwas mehr dem Werk widmen und von der Person weggehen. Das heißt freilich nicht, dass der Lebens- und Schaffensgeschichte des Künstlers nicht auch ein paar Worte zugedacht werden (müssen). Diesmal will ich den neu erschienenen autobiographischen Roman „Wildes Holz“ von Merten Kramer vorstellen, der bei Völlers & Dekow erschienen ist. Merten Kramer, eigentlich gelernter Buchhalter, kam erst spät zur Schriftstellerei, die er nach eigenem Bekunden „in der Schule des Lebens“ gelernt hat. Dennoch fand sein Debütroman „Zahlen“ im Jahr 2007 viel Beachtung in den Feuilletons. Zwar geht er etwas zu ausführlich auf den von der im Mittelpunkt der Handlung stehenden Firma „DataBasic“ vorgestellten Rechenscha...

Es ist Hanjo

Ein rothaariger Mann gigantischen Bauches, Freunde rufen ihn Hanjo, betritt, oder besser, stampft, in ein Geschäft für Schreibwaren. „Guten Tag“, sagt der freundliche Vielfraß, „führen Sie auch Büttenpapier? Ich möchte gerne“, fährt der gutgelaunte Gewichtsmensch fort, „eben solches erwerben.“ „Nein“, entgegnet die kundige Verkäuferin, „den letzten Satz Büttenpapier hat dieser Herr dort“, sie weist mit dem an ihrer rechten Hand befindlichen Zeigefinger auf einen den Laden verlassenen Rentner, „eben mitgenommen. Wenn Sie“, fährt die bemühte Verkaufsdame fort, „sich aber beeilen, könnten Sie ihn vielleicht darum bitten, Ihnen das Papier zu überlassen. Regeln müssten Sie das natürlich untereinander.“ Der wuchtige Koloss nickt mit seinem zentnerschweren Kopf, dreht sich zur Tür, und stapft langsam darauf zu. Das Ladengeschäft erzittert unter seinen dumpfen Schritten. Der emsige Rentner, dessen später Lebenssinn darin zu bestehen scheint, alle Beige-Töne dieser Welt einmal am Körper getrage...

Wie geht Qualitätsjournalismus? #7: Recht

Meine Damen und Herren, mein Name ist Hajo B ü t t e n s c h e e ß. Als aufmerksamer Leser habe Sie mich sicher schon kennengelernt. Meine große Zeit hatte ich während des wohlverdienten Zwangsurlaubs der gesamten Redaktion . Als der KREM gegründet wurde, stellten sich Ihnen alle Redaktionen vor. Die Rechtsabteilung ist, wie der Name schon sagt, keine Redaktion, deshalb erfolgte auch keine Vorstellung. Nach dem Willen des Verfassers hätte es auch durchaus dabei bleiben können. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich freier Mitarbeiter des KREM, nachdem der Justiziar der Redaktion, Herr Vöhlmann, an einem Leberwurstbrötchen beinahe erstickt wäre und anschließend auf eigenen Wunsch in ein künstliches Koma versetzt wurde, „um mal richtig abzuschalten“. Das Wort „Recht“ kommt von lat. „rectum“ und bedeutet „Gesäß“. In der Antike war der Gedanke verbreitet, daß der, der zuerst saß, recht hatte. Und so ist es heute noch ...

Gedanken des Fußballers Kilian Zaue

Kilian Zaue oberkörperfrei beim Training der DFB-Auswahl in Gifhorn, Sommer 2009 Wie lang ist es jetzt her, dass ich das erste Mal hier gebolzt habe? 20 Jahre? 25 Jahre? Ich bin direkt hier aufgewachsen, da d­­­rüben, in der Platte da, vierter Stock, mit meinem Vater und meinem Bruder Marven. Er ist zwei Jahre älter als ich und hat auch Fußball gespielt, bis zur C-Jugend, dann war Schluss für ihn. Er wäre gerne bis zur A-Jugend gekommen, aber irgendwann haben die Trainer gesagt, dass sein Potenzial voll ausgeschöpft sei. Das war die Version, die sie ihm gesagt haben. Mir gegenüber haben sie ihn ganz unverblümt als "zu fett" bezeichnet. Unserm Vater war das alles scheißegal. Er saß immer zu Hause und hat ferngesehen. Immer. Teleshopping. Ich kann mich an keinen einzigen Moment mit ihm erinnern, wo er nicht auf seinem Hocker vor dem Fernseher saß. Fehlen durfte natürlich nie sein Urbräu in der grünen Maxiflasche. Ich weiß nicht, ob er jemals auf Klo gegangen i...

Karikatur eines Jungen

Unser Gastbeiträger Friedel Knotich Ich laufe mit meiner Bierflasche in der Hand über das Feld und bleibe vor den weißen Ziegen, die hinter einem hübschen alten Holzzaun den trockenen Boden nach Essen absuchen, stehen. Das Bier schmeckt erwartungsgemäß hervorragend und ich rülpse die Ziegen an. Sie bekommen einen Schreck, gehen einige Meter zurück, kommen aber nach ein paar Minuten wieder angelaufen – sie merken, ich führe nichts Böses im Schilde. Während ich mein Bier gewissenhaft immer weiter leere und eine besonders große Ziege beim Kacken beobachte, erscheint plötzlich ein circa neunjähriger Junge neben mir. Er hat kurze, hellblonde Haare (hochgegelt natürlich), sonnengebräunte Haut und ein sommersprossiges Gesicht mit großen, blauen Augen. Auf seinem weißen T-Shirt steht in verwaschener Blockschrift „LÄUFT BEI MIR“ und um seinen Hals baumelt ein Brustbeutel der Firma Scout, ein Schülerausweis ist darin erkennbar. Des Weiteren trägt er eine kurze Hose und Turnschuhe von Nike. „...