Diese verfluchte Insel! Seit drei Wochen lebte Michael jetzt
bereits hier. Das einzige, was ihn am Leben hielt, waren dreimal
täglich antreibende, üppige Lunchpakete, die viele
leichtverderbliche, aber unverdorbene Lebensmittel enthielten. Er
hatte einen Freund gewonnen, die Möwe Markus. Jeden Abend setzte sie
sich genau neben ihn, machte ihr Geschäft und flog wieder davon.
Manchmal hatte Michael das Gefühl, sie erkenne ihn wieder und die
Willkommensfreude spiegele sich in einem feinen Lächeln wider,
manchmal meinte er aber auch sie nicht wiederzuerkennen, z.B. wenn
sie eine andere Farbe hatte. Er hatte in der Zwischenzeit 50
Farbkarten erstellt, um die fünfzig verschiedenen Grautöne, denen
er hier ausgesetzt war, abzubilden: fünfzehn von den Möwen,
siebzehn im Wasser und achtzehn am Himmel. Die Farbe gewann er aus –
nun ja, das läßt sich denken. Als er mal wieder den aus Eigenhaar
hergestellten Pinsel schwang, das mehrlagige Toilettenpapier vor
sich, das in den Lunchpaketen enthalten war, besann er sich darauf,
einen Brief zu schreiben, einen Brief, der als Hilferuf fungierte,
aber auch die wichtigsten Eckdaten seines hiesigen Aufenthalts
enthielt – falls der Finder Schriftsteller war, konnte er so einen
Roman verfassen, und in dem darauf basierenden Film könnte er dann
die Hauptrolle spielen! Bernd würde Augen machen! Ach ja, Bernd!
Seit er ins Wasser gefallen war, hatte er nicht mehr an ihn gedacht. Er vermißte seinen derben Humor, seine komplizierte, ja, spießige
Art und seinen authentisch-schlechten Geschmack. Gern zog sich Bernd
z.B. die Socken über die Hose, wenn er auf der ca. 150 qm großen
Grünfläche zwischen Häuschen und Leuchtturm den Rasen mähte (!).
„Zum Schutz vor Zecken!“ wischte er in typisch knapper Art
Michaels modische Bedenken fort. Da Treibstoff nur für das Boot da
war, nutzte Bernd einen strombetriebenen Rasenmäher. Allerdings
reichte das Kabel nicht für die ganze Wiese. Daher mußte Bernd den
Stecker immerzu in eine andere Dose stecken – es gab jeweils eine
im Turm und im Häuschen –, so daß er für die effektiv 25 m²
Rasen lächerlich lange brauchte. Das machte ihm nichts aus, während
Michael es nicht mitansehen konnte. Eines Tages hatte er Bernd die
eine Hälfte des Rasens abgekauft. Von dem Geld hatte Bernd sich
einen anderen Rasenmäher gekauft, der ein noch kürzeres Kabel
hatte. „Ist leistungsfähiger!“, warf er knapp ein und sog über
einen Schlauch Bier aus der in seine Rasenmäh-Mütze integrierten
Dose, während Michael ihn fassungslos anstarrte. Dann besann er sich
auf eine neue Idee: Er kaufte ein Schaf. Nachdem dieses eine Weile
erfolgreich den Rasen kurz gehalten hatte, errichtete Bernd einen
elektrischen Zaun um sein Rasenstüück herum, für dessen Betrieb er
sich eigens eine Solarzelle angeschafft hatte. Als Michael das sah,
erklärte Bernd: „Das Schaf schadet dem Wuchs. Guck, bei dir ist
schon kahl!“ Michael konnte keine kahle Stelle entdecken. Aber
Bernd empfahl ihm, Dünger zu verwenden. Ihm zuliebe streute er etwas
Dünger aus. Daraufhin wurde das Schaf krank und starb. „Ist besser
so!“, sprach Bernd, eine Schafskeule kauend.
Ja, so war Bernd. Pragmatisch, zynisch, chaotisch. Michael mußte unbedingt zurück. Aber wie? Er warf die Flasche mit seiner Botschaft ins Wasser und legte sich schlafen. Aus den angeschwemmten Lunchpaketen hatte er sich ein paar einfache Möbel gebaut sowie einen stabilen Boden. Wenn weiterhin Pakete kamen, konnte er Wände und eine Decke errichten. Die Pakete waren aus Holz und ließen sich vielfältig verwenden. Nun ging er also in sein Bett und legte sich schlafen. Am nächsten Morgen fiel ihm gleich die große Menge Möwen auf, die am Kopfende seines Bettes saßen und einen Höllenlärm machten. Michael fuhr auf und sah nach, was los war. Die Möwen saßen um eine Flasche herum. Sie pickten gegen das Glas und in den Korken. Seine Flasche war also zurückgekehrt. Er scheuchte die Möwen weg, nahm die Flasche und warf sie mit aller Wucht zurück ins Meer. Dann legte er sich wieder hin. Nach einigen Tagen war erneut ein Höllenlärm. Wieder saßen die Möwen auf einer Flasche und pickten auf ihr herum. Diese Flasche sah aber anders aus. Interessiert näherte sich Michael ihr. In der Flasche befand sich deutlich sichtbar ein Zettel. Für Michael, stand darauf.
Alle Teile "In einem Leuchtturm"
Ja, so war Bernd. Pragmatisch, zynisch, chaotisch. Michael mußte unbedingt zurück. Aber wie? Er warf die Flasche mit seiner Botschaft ins Wasser und legte sich schlafen. Aus den angeschwemmten Lunchpaketen hatte er sich ein paar einfache Möbel gebaut sowie einen stabilen Boden. Wenn weiterhin Pakete kamen, konnte er Wände und eine Decke errichten. Die Pakete waren aus Holz und ließen sich vielfältig verwenden. Nun ging er also in sein Bett und legte sich schlafen. Am nächsten Morgen fiel ihm gleich die große Menge Möwen auf, die am Kopfende seines Bettes saßen und einen Höllenlärm machten. Michael fuhr auf und sah nach, was los war. Die Möwen saßen um eine Flasche herum. Sie pickten gegen das Glas und in den Korken. Seine Flasche war also zurückgekehrt. Er scheuchte die Möwen weg, nahm die Flasche und warf sie mit aller Wucht zurück ins Meer. Dann legte er sich wieder hin. Nach einigen Tagen war erneut ein Höllenlärm. Wieder saßen die Möwen auf einer Flasche und pickten auf ihr herum. Diese Flasche sah aber anders aus. Interessiert näherte sich Michael ihr. In der Flasche befand sich deutlich sichtbar ein Zettel. Für Michael, stand darauf.
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