Er wirkt abgeklärt, als er unsere
Räumlichkeiten betritt. „Dürfte ich beim Interview was essen?“
fragt er umgehend nach seiner Ankunft. Das ist Prokopius Däenisch,
direkt und sympathisch. Eigentlich kann es nur verwundern, dass
jemand seines Formates auf dem Boden geblieben ist. Er ist Schauspieler, er ist Regisseur, er ist Künstler, ja, er ist
ein Freigeist. Einer von den ganz ganz großen. Und vorallem einer
unserer wenigen Exportschlager im Filmgeschäft.
Wenn der Name Prokopius Däenisch fällt, dann darf man aber auch The Sudets nicht unerwähnt lassen. Jene rebellische Gruppe junger Schauspieler und Filmemacher, die Anfang der 60er Jahre dafür eintraten Kinozuschauer nicht exakt, sondern überschlagsweise zu zählen. 1964 wurde dies von der mittelamerikanischen Filmakademie (miamfiac) aufgenommen und ein Jahr lang tatsächlich praktiziert, doch schnell schon beklagte man ungenaue Zuschauerzahlen und stellte wieder auf die alte, exakte Zählweise um.
„Alle viereinhalb Jahre ein Film“, seinem Lebensmotto blieb er bis heute treu, weshalb auch dieses Jahr wieder eine Däenisch-Produktion in den Kinos anlaufen wird. „Feuerstundenplan“ heißt das dreieinhalbstündige Werk des gebürtigen Werningeroders – Worum es in diesem Film geht, weshalb er die albanische Filmproduktion am Boden sehen möchte und wieso er sich nach wie vor dafür einsetzt, dass Zuschauerzahlen in Kinos überschlagsweise erfasst werden sollen, hat er uns exklusiv im Interview erzählt.
Wenn der Name Prokopius Däenisch fällt, dann darf man aber auch The Sudets nicht unerwähnt lassen. Jene rebellische Gruppe junger Schauspieler und Filmemacher, die Anfang der 60er Jahre dafür eintraten Kinozuschauer nicht exakt, sondern überschlagsweise zu zählen. 1964 wurde dies von der mittelamerikanischen Filmakademie (miamfiac) aufgenommen und ein Jahr lang tatsächlich praktiziert, doch schnell schon beklagte man ungenaue Zuschauerzahlen und stellte wieder auf die alte, exakte Zählweise um.
„Alle viereinhalb Jahre ein Film“, seinem Lebensmotto blieb er bis heute treu, weshalb auch dieses Jahr wieder eine Däenisch-Produktion in den Kinos anlaufen wird. „Feuerstundenplan“ heißt das dreieinhalbstündige Werk des gebürtigen Werningeroders – Worum es in diesem Film geht, weshalb er die albanische Filmproduktion am Boden sehen möchte und wieso er sich nach wie vor dafür einsetzt, dass Zuschauerzahlen in Kinos überschlagsweise erfasst werden sollen, hat er uns exklusiv im Interview erzählt.
KREMagazin: Herr Däenisch, schön, dass Sie
sich Zeit nehmen für ein Interview mit uns.
Däenisch: Ach was, ich weiß doch,
dass ich bei Ihnen gut aufgehoben bin (lacht).
KREMagazin: Ja, das stimmt wohl (lacht).
Däenisch: Bei Ihnen bin ich wirklich
gut aufgehoben (grinst und lacht).
KREMagazin: Ja ja, das stimmt schon. Also Herr
Däenisch, sagen Sie uns doch, worum es in Ihrem neuen Film
„Feuerstundenplan“, der am 01. Oktober in Regensburg uraufgeführt
wird, geht.
Däenisch: Tja, wie in allen meiner
Filme geht es um Liebe, Hass, Freundschaft, Wut … Aber Sie wollen
sicher Genaueres.
KREMagazin: Bingo!
Däenisch: Nunja, es geht um eine lettische
Familie, die in den frühen 70er jahren aus dem Ostblock nach
Finnland flüchten kann und dort in Oulu Fuß zu fassen versucht.
Während Aikas, der Sohn der Familie, merkt, dass er schwul ist, merkt
seine Schwester Ikštate, dass sie lesbisch ist. Ihre katholisch-konservativen
Eltern Pavlelus und Anžetate können das nicht verstehen und
versuchen ihre Kinder davon zu überzeugen, dass Homosexualität
falsch sei, während sie ihre eigene Ehe retten wollen. Dies jedoch
scheint hoffnungslos, da auch Pavlelus und Anžetate feststellen
müssen, dass sie eigentlich beide homosexuell sind. Als dann noch
ein italienischer Offizierssohn aus Mailand dazustößt, gerät das
Weltbild der gesamten Familie ins Wanken, worunter auch der
Familienzusammenhalt leidet. Doch später akzeptieren die Protagonisten ihre Neigungen und werden Vorkämpfer für Schwulenrechte ... Mehr möchte ich aber noch nicht
verraten an dieser Stelle.
KREMagazin: Das klingt nach typischem
Däenisch-Stoff, herrlich! Aber warum dieses mal Lettland und
Finnland? Und warum sind alle homosexuell?
Däenisch: Das kann ich auch nicht
genau sagen, das war so ein ganz spezielles Gefühl, das ich hatte.
Ich bin vor ca. vier Jahren nach sehr unruhigem Schlaf aufgewacht und dachte:
„Finnland, da muss meine Geschichte spielen. Und aus Lettland muss
meine Protagonisten-Familie kommen. Und homosexuell müssen sie sein,
allesamt." Tja, so entsteht so etwas.
KREMagazin: Wenn man sich anschaut, wer bei
dieser Produktion mitspielt, dann muss man wirklich staunen. Neben Fygh Mcfinnagagh und Cannie Connester spielt die italienische
Nachwuchshoffnung und mehrfach ausgezeichnete Giatta Minganoro neben
dem hoch gelobten Ørge Schwadsen. Und daß Sie dann noch den
Luxemburger Ralf Jenais-Feauxdiere verpflichten konnten, ist wirklich
Wahnsinn. Hat ein Prokopius Däenisch all diese Namen in seinem
Adressbuch?
Däenisch: Sagen wir mal so: Nein, hat
er nicht. Ich frage bei den Agenturen der Schauspieler an und dann
wird gecastet. Am Ende muss es dann einfach sitzen. Nur für Ralf
Jenais-Feauxdiere habe ich die Rolle tatsächlich direkt geschrieben.
Hätte ich ihn nicht für die Rolle des Offizierssohns bekommen,
hätte ich den Film so nicht gemacht.
KREMagazin: Sie haben ihren Film größtenteils
in Albanien gedreht, warum?
Däenisch: Tja, ich bin nach wie vor
davon überzeugt, daß bestimmte Teile Albaniens finnischer aussehen
als bestimmte Teile Finnlands.
KREMagazin: Wie bitte?
Däenisch: Hören Sie doch zu!
Wir haben sehr viele Außenszenen in Durrësi (Anm. d. Red.: Stadt an der Küste Albaniens)
gedreht. Und Durrësi sieht einfach finnischer aus als große Teile
Finnlands. Oulu z.B. sieht auch gar nicht finnisch aus. Aber wenn meine
Geschichte in Finnland spielt, dann soll das auch erkennbar sein.
KREMagazin: Ich höre ja
zu. Aber wäre nicht vielleicht einfach ein ganz anderer finnischer Ort
oder auch ein schwedischer Ort als Location in Ordnung gewesen?
Däenisch: Nein!
KREMagazin: Und warum
möchten Sie den albanischen Film am Boden sehen?
Däenisch: Das
möchte ich doch gar nicht.
KREMagazin: Aber bei den Kollegen vom Nordfränkischen Generalanzeiger sagten Sie im Interview, ich zitiere wörtlich:
“Der albanische Film? Den will ich am Boden sehen!”
Däenisch: Achso,
nagut, das habe ich so gesagt, das ist wahr. In Albanien war es mir
einfach zu heiß, das ertrage ich nicht. Ich will da wirklich nicht
nochmal drehen.
KREMagazin: Und deshalb
möchten Sie den albanischen Film am Boden sehen?
Däenisch: Ja, ist
da was bei? Das sagt man doch so?!
KREMagazin: Mal ein
kleiner Schwenk zu einem anderen Thema. Sie werden im Oktober 70.
Haben sie schon etwas geplant?
Däenisch: Naja, ich
bin ja nicht so der Geburtstagsmensch, aber meinen 70. werde ich
wohl etwas größer feiern. Ich möchte so eine Art Sportwettkampf
veranstalten, wo alle Gäste teilnehmen müssen, mir zu Ehren. Und
der Gewinner bekommt 799 Euro, das ist angemessen, denke ich.
KREMagazin: Was für
Disziplinen wird man erwarten können?
Däenisch:
Zehnkampf, Tischtennis, rhythmische Sportgymnastik, eigentlich alles.
KREMagazin: Das klingt ja verrückt.
Däenisch: Naja, das sehe ich anders.
KREMagazin: Wird auch ihr
alter Schauspielkollege Gerry Hartbrecht vorbeikommen? Mit dem haben Sie
1978 ja praktisch deutsch-deutsche Filmgeschichte geschrieben.
Däenisch: Jaja, der
Gerry, der muss kommen, sonst wäre ich wirklich enttäuscht. Der
hat aber ein steifes Bein, seit er zu den Drehabreiten von “Grangcoon
II” in diesen überdimensionalen Tacker gefallen ist. Deshalb kann
er nicht teilnehmen an dem Wettkampf. Er könnte aber zumindest
Geräte aufbauen oder so...
KREMagazin: “Grangcoon
II?”
Däenisch: Naja,
dieser Film, wo riesige Schreibwaren versuchen ein
Schreibwarengeschäft zu zerstören, um sich zu befreien. Sie wissen
schon...
KREMagazin: Ist mir
unbekannt. Aber egal. Sagen Sie, ich habe vor Kurzem einen Artikel
gelesen, in dem stand, daß Sie in einem offenen Brief gefordert
hätten, daß Zuschauerzahlen wieder überschlagsweise gezählt werden
sollen. Warum fordern Sie das nach nunmehr 50 Jahren schon wieder,
wo doch auf diese Weise erfasste Zahlen ungenau sind?
Däenisch: Herr
Matereit, solche Forderungen werden immer Bestand haben. Denn sie
sind logisch und konsequent. Wissen Sie, wie schnell sich
Zuschauerzahlen ermitteln lassen, wenn man nur punktuell zählt und
dann überschlägt?
KREMagazin: Sicher geht
das schnell...
Däenisch: Aha! Da
haben wir es!
KREMagazin: ...aber auf
der anderen Seite ist es einfach sehr ungenau. Es ist doch logisch,
dass exaktes Zählen genauer ist.
Däenisch: Aber Überschlagen geht schneller.
KREMagazin: Jaha . . . es ist trotzdem sinnlos.
Däenisch: Haben Sie
noch eine Frage, ich würde sonst gehen.
KREMagazin: Eigentlich wollte ich Sie jetzt nur noch fragen wollen, was für die Zukunft
geplant ist. Möchten Sie mir das noch erzählen?
Däenisch: Ich werde
bald 70, da veranstalte ich einen Sportwettkampf mir zu Ehren und
dann werde ich weiterhin im viereinhalbjahres Rhythmus Filme machen.
KREMagazin: Ich danke für
das Gespräch.
Däenisch: Ja.
Das Gespräch führte Justus Matereit
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