Es war einmal ein unbekanntes Tier. Es
hatte keine Freunde. Das lag daran, daß Tiere sich gern
positionieren. Entweder du bist ein Freund, oder du bist der Feind.
Das unbekannte Tier hatte die anderen Tiere beobachtet und daher
diesen Schluß gezogen. Dem Feind gegenüber, so sahen es jedenfalls
die Schimpansen, und von denen gab es hier jede Menge, mußte man mit
Imponiergehabe gegenübertreten, um sie einzuschüchtern. Freunden
gegenüber trat man jedoch mit Imponiergehabe gegenüber, um die
eigene Stellung klarzumachen. Schimpansen liebten es, sich
darzustellen, und die meisten waren gar nicht so wichtig, wie sie
taten. Zum Beispiel stellten sich viele als Bandenführer dar, waren
aber nur Gruppenführer, wenn es hoch kam. Das unbekannte Tier hatte
beschlossen, sich mit den Schimpansen anzufreunden, weil es damit
eine Allianz gegen die verhaßten Bonobos eingehen konnte. Diese
selbstgefälligen Tiere mit blöden Augen und fetten Fingern, die
harmoniesüchtig waren, waren sowohl ihm als auch, das hatte er aus
Gesprächen ranghoher Schimpansen erfahren, diesen ein Dorn im Auge.
Die Bonobos kamen immer zu ihm an die Scheibe und zeigten ihm ihre Genitalien, was es absolut widerwärtig fand. Allein, es traute sich nicht, auf die Schimpansen zuzugehen. Es war nämlich ein Kormoran. Das glaubte es zumindest. Aber es gab hier keine anderen Kormorane, die es fragen konnte. Der Begriff „Kormoran“ war einmal in einem Satz gefallen, als es auch um es ging. So, jetzt muß ich mal kurz die Geschichte unterbrechen. Einigen wir uns darauf, das Tier mit „er“ anzureden, auch wenn es vielleicht eine sie ist. „Er“ (bzw. gleichermaßen auch „sie“) ist einfach handlicher als „es“. Okay, zurück zur Geschichte: Der Begriff „Kormoran“ war einmal in einem Satz gefallen, als es auch um ihn ging. Daher glaubte er, ein Kormoran zu sein. Die Schimpansen nahmen ihn wahr, beäugten ihn manchmal, aber auf ihn zugegangen waren sie noch nicht. Da waren die Bonobos „offenherziger“. Aber für die interessierte er sich nicht. Vielleicht war das auch eine Marotte von ihm, daß er immer das haben wollte, was er nicht bekam.
Die Bonobos kamen immer zu ihm an die Scheibe und zeigten ihm ihre Genitalien, was es absolut widerwärtig fand. Allein, es traute sich nicht, auf die Schimpansen zuzugehen. Es war nämlich ein Kormoran. Das glaubte es zumindest. Aber es gab hier keine anderen Kormorane, die es fragen konnte. Der Begriff „Kormoran“ war einmal in einem Satz gefallen, als es auch um es ging. So, jetzt muß ich mal kurz die Geschichte unterbrechen. Einigen wir uns darauf, das Tier mit „er“ anzureden, auch wenn es vielleicht eine sie ist. „Er“ (bzw. gleichermaßen auch „sie“) ist einfach handlicher als „es“. Okay, zurück zur Geschichte: Der Begriff „Kormoran“ war einmal in einem Satz gefallen, als es auch um ihn ging. Daher glaubte er, ein Kormoran zu sein. Die Schimpansen nahmen ihn wahr, beäugten ihn manchmal, aber auf ihn zugegangen waren sie noch nicht. Da waren die Bonobos „offenherziger“. Aber für die interessierte er sich nicht. Vielleicht war das auch eine Marotte von ihm, daß er immer das haben wollte, was er nicht bekam.
Einmal, es war Sonntag, da lagen die
Schimpansen alle ganz faul in der Sonne. Daß Sonntag war, wußte er,
weil alle Besucher davon redeten. An Sonntagen waren viele Besucher
da. Die Besucher konnte niemand leiden, weil sie sich ganz frei
bewegen konnten. Außerdem sahen sie genauso aus wie die Wärter, die
als verantwortlich dafür galten, daß er, die Schimpansen, die
Bonobos und so weiter sich nicht frei bewegen konnten. Aber sie
hatten doch recht viel Platz. Wäre er flugfähig gewesen, hätte es
ihn sicher gestört, daß er nicht weit hätte fliegen können. Aber
so war es okay. Man richtete sich so ein. Die Schimpansen hatten eine
Rebellenarmee gegründet, es waren sehr viele. Sie berieten sich
jeden Dienstag, um den Freiheitskampf vorzubereiten. Früher hatten
sie immer sonntags getagt, aber die Besucher hatten das gemerkt und
gesagt: „Oh, guck mal, die Affen halten Rat! Was die wohl zu
besprechen haben!“ Das war den Rebellen irgendwann zu unsicher
geworden, deshalb verlegten sie die Treffen auf Dienstag, wenn nur
ganz wenige Besucher kamen, vor allem kleine, faltige, die langsam
gingen, aber auch immer ewig dablieben. Alle Insassen glaubten, es
handele sich um alte Exemplare, aber das ließ sich nicht
verifizieren. Auch wenn die Besucher immer mal mit den Insassen
redeten, beantworteten sie doch nie Fragen. Einmal hatte Ferd, der
Anführer der Rebellen, ein Pamphlet zur Freiheit vorgetragen. An den
wichtigen Stellen pflichteten ihm seine Kollegen durch ermutigende
Laute bei, was die Besucher aber nur amüsierte. Inhaltlich schienen
sie sich mit den Forderungen nicht auseinanderzusetzen. Deshalb waren
viele Rebellen auch desillusioniert und gewaltbereit geworden. Aber
nie gegen die Wärter! Die Wärter hatten absolute Macht über Leben
und Tod, wenn man ihnen irgend etwas antat, dann war das das eigene
Todesurteil. Diese Erfahrungen hatten Mysli gemacht, der früher
Anführer der Rebellen war. Es gab jetzt regelmäßig
Mysli-Gedenkveranstaltungen. Das alles wußte der Kormoran, und an
diesem Sonntag hatte er die Chance, endlich mal Kontakt zu den
Schimpansen zu knüpfen, über die er so vieles wußte.
Ein Junges trabte geradewegs auf ihn
zu. Die Eltern dösten in der Sonne. Eigentlich würden sie ihr Kind
niemals aus den Augen lassen, das erzählte immer Zibor, der weise
Alte, der mal in einem anderen Land (was auch immer das war) gelebt
hatte. Aber in Gefangenschaft, so dozierte er, verlören die
„Primaten“ (mit diesem Wort beschrieb er manchmal die
Schimpansen) ihre natürlichen Instinkte. Er war sehr klug und wurde
deswegen geschätzt. Das Junge kam also auf den Kormoran zu. „Spielen
wir fangen?“, fragte es ihn.
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