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Der Fährmann Urschanabi konnte einen
gewissen Stolz nicht verbergen. Der Sprachbarriere wegen krempelte er
sein Gewand hoch und versuchte durch Gesten darzustellen, was er zu
gern ausrufen wollte. Er spannte mächtig seine Oberarmmuskeln an und
grinste dabei von einem Ohr bis zum anderen. Dann deutete er mit der
Hand abwechselnd auf die Bauwerke und dann wieder auf sich. Dazu
zuckte er die Schultern. Ndogo war so schwer beeindruckt von der
egozentrischen Freude des Fährmanns und nicht zuletzt den mächtigen
Muskeln, dass sie sofort die Hand Balthasars losließ. Ihr verliebter
Blick war nun fest auf Urschanabi gerichtet. Balthasar merkte sofort
was geschah. Der Einweihungsplan ging über Bord. Trübsinnig dachte
er an Debre, die ihm vor Jahren mal angedeutet hatte, dass er
körperlich nicht die Wucht sei, zumindest im Vergleich zu seinen
drei Freunden. Daraufhin hatte sich Balthasar in die Plantagenarbeit
gestürzt und wollte an seinem Plan, eines Tages der Debre Birhan bei
der Abschaffung ihrer Jungfrauenschaft zu helfen, vorerst nicht mehr
fest halten. Plötzlich wurde Balthasar aus seinen Gedanken gerissen.
Melchior hob zu feierlichen Worten an: „Liebe Freunde, vor uns seht ihr die Hängenden Gärten von Babylon! Als junger Balg hab ich einst auf der Spitze dieses Monumentes verweilt um mit den Augen, den Sternen die Monde zu stehlen. Und stellt Euch vor, ich war nicht schlecht darin.“ Er lachte. Balthasar war danach nun gar nicht zu mute. Babylon? Davon hatte er doch mal gehört. Sollten sie wirklich dorthin gekommen sein? Endlich konnte Kaspar, seit dem Weihrauch, bei der Gruppe punkten. Der arme Wicht, der die wüsten äthiopischen Hochlande nie verlassen hatte, konnte nämlich lesen. So kam es, dass er in drei düsteren Wochen, als kein einziger Kaufsüchtiger seinen Weg kreuzte, Tag und Nacht in einem Werbecodex für Kurzreisen gelesen hatte und nun wusste was da am Ufer zu sehen war. „Pyramiden, ja, Pyramiden sind das!“ flötete er unruhig und rieb sich dabei die Brust. Balthasar nickte. „Erstaunliche Dinger“ brachte Awnison vor, weswegen Mika das Gesicht verzog. Sein Knoblauchgeruch war bislang nicht geschwunden. Melchior indes behauptete am anderen Ufer einen Schilfkorb zu sehen, ja sogar die Schreie eines Säuglings seien zu hören. „Dort neben dem Seerosenblatt auf dem der Frosch quakt.“ „Genau, Du sagst es“ murmelte Balthasar, langsam aber sicher sehr verstimmt, „dort quakt ein Frosch. Ich bitte Dich eindringlich: Verschone mich mit Deinem närrischen Unfug.“ Der Graukopf blickte traurig zum Ufer, traute sich aber nicht mehr noch etwas zu entgegnen. Mika bemerkte die angespannte Situation und wollte sich noch einmal zur anderen Uferseite umdrehen um die Chephren-Pyramide anzusehen, als er sah wie Ndogo und der Fährmann durch einen innigen Zungenkuss mit einander verhakt waren. „Das darf Balthasar nicht sehen, sonst steht die gemeinsame Fahrt vor dem Ende“ dachte er und überprüfte vorsichtig um sich blickend, was Balthasar gerade trieb.
Melchior hob zu feierlichen Worten an: „Liebe Freunde, vor uns seht ihr die Hängenden Gärten von Babylon! Als junger Balg hab ich einst auf der Spitze dieses Monumentes verweilt um mit den Augen, den Sternen die Monde zu stehlen. Und stellt Euch vor, ich war nicht schlecht darin.“ Er lachte. Balthasar war danach nun gar nicht zu mute. Babylon? Davon hatte er doch mal gehört. Sollten sie wirklich dorthin gekommen sein? Endlich konnte Kaspar, seit dem Weihrauch, bei der Gruppe punkten. Der arme Wicht, der die wüsten äthiopischen Hochlande nie verlassen hatte, konnte nämlich lesen. So kam es, dass er in drei düsteren Wochen, als kein einziger Kaufsüchtiger seinen Weg kreuzte, Tag und Nacht in einem Werbecodex für Kurzreisen gelesen hatte und nun wusste was da am Ufer zu sehen war. „Pyramiden, ja, Pyramiden sind das!“ flötete er unruhig und rieb sich dabei die Brust. Balthasar nickte. „Erstaunliche Dinger“ brachte Awnison vor, weswegen Mika das Gesicht verzog. Sein Knoblauchgeruch war bislang nicht geschwunden. Melchior indes behauptete am anderen Ufer einen Schilfkorb zu sehen, ja sogar die Schreie eines Säuglings seien zu hören. „Dort neben dem Seerosenblatt auf dem der Frosch quakt.“ „Genau, Du sagst es“ murmelte Balthasar, langsam aber sicher sehr verstimmt, „dort quakt ein Frosch. Ich bitte Dich eindringlich: Verschone mich mit Deinem närrischen Unfug.“ Der Graukopf blickte traurig zum Ufer, traute sich aber nicht mehr noch etwas zu entgegnen. Mika bemerkte die angespannte Situation und wollte sich noch einmal zur anderen Uferseite umdrehen um die Chephren-Pyramide anzusehen, als er sah wie Ndogo und der Fährmann durch einen innigen Zungenkuss mit einander verhakt waren. „Das darf Balthasar nicht sehen, sonst steht die gemeinsame Fahrt vor dem Ende“ dachte er und überprüfte vorsichtig um sich blickend, was Balthasar gerade trieb.
12
Dieser war ganz bei der Sache. Statt
den Sightseeing-Trip gemeinsam mit seinen Freunden zu genießen,
beugte er mit hochgekrempelten Ärmeln über einer ausgebreiteten
Rolle, die sich zu seinem Ärgernis an den Enden immer wieder
einrollte, bis er sie schließlich mit den Zähnen festkrallte. Er
suchte mit müden Augen das gesamte Heilige Land ab, um den Ort zu
finden, der auf des Alten Papyrus verzeichnet war. Die Sache mit dem
Stern, dem Melchior angeblich folgen wollte, ging mächtig in die
Hose. Tagsüber war kein Stern am Himmel auszumachen und
Plantagenarbeiter sind schließlich keine Nachtschichtler , weswegen
die Gruppe bei Einbruch der Dunkelheit für gewöhnlich erschöpft in
sich zusammen sank. Sie mussten sich selbst den Weg bahnen. Die Reise
würde sie in den Norden führen, nach Galiläa. Könnten sie nun auf
kürzestem Weg vom anderen Ufer des Flusses lospreschen, müssten sie
es problemlos packen, den Weg in wenigen Tagen zurückzulegen.
Melchior aber, der es anfangs schließlich mächtig eilig hatte,
wollte jetzt gerne noch bei seinen Höhlen vorbeischauen und
eventuelle Vandalismusschäden beseitigen. Diesem Projekt wiederum
waren die Trinkbrüder Mika, Sisisba und Awnison nicht abgeneigt. Sie
hatten gehört, dass es in Sodom und Gomorra am Toten Meer hoch
hergehen sollte. „Mancala, Bier und geile Weiber!“ brüllten sie
unpassender Weise als Melchior hitzig von seinem Bibliotheksprojekt
zu reden begann. Urschanabi legte an und forderte Ndogo als
Trinkgeld. Balthasar kochte vor Wut. Erst jetzt wurde ihm klar, dass
er auch diese Schöne für immer verloren hätte. Seine Gedanken
flogen zu Debre und wieder zurück. Sie saß in der Jurte und kochte
ihre Unterwäsche aus. Schließlich ließen sie sich auf den
Tauschhandel ein und verließen das Schilfschiff polternd. Mika zog
sich eine tiefe Schnittwunde am linken Knöchel zu. Er schrie, als
Melchior begann, die Verletzung zu besprechen. Schließlich war er
einst Zauberer. Vor den Augen der Ungläubigen wuchs die
Schnittstelle wieder zusammen, ein Schnittwunder!
Nun ging es zu Fuß weiter
landeinwärts. Die Landschaft, die ihnen begegnete war anders. Das
Laufen fiel ihnen standesgemäß schwer – waren sie jetzt nicht
schließlich Könige aus dem Morgenland?
13
Als der Tag gewaltig zu dunkeln begann,
machten sie unter einer Eiche halt und packten ihre Kokosnüsse aus,
die sie Ndogo aus dem Korb geklaut hatten, als diese gerade anderen
Dingen nacheiferte, ja dafür sogar ihren Zarten Hintern aus der
Kiste geschwungen hatte. Kaspar war merkwürdiger Weise der Erste,
der bemerkte, dass die große Wolke, die ihnen seit der Landung bei
Zagazig gefolgt war, nun im Dunklen eine rötliche, fast
feuerähnliche Färbung erhielt. Mika zeriss sofort sein Gewand.
Diesmal war es Melchior, der seltsamerweise in Erinnerung hatte, dass
der Schluckspecht dies schon einmal getan hatte. Genervt sprach er
„Wunder, wunder feurig Zunder, in dem Herzen eines Irren, schafft
es nichts als Wirren. Lass den Quatsch. Du bringst uns noch mal
mächtig in Verquetschung!“ Auch Balthasar war wieder einmal sauer.
Ein Königsgewand hatten sie nun schon einmal weniger. Wer konnte
wissen wozu es noch nötig gewesen wäre. Er kaute an der Nuss
und rechnete. 6 Tage nun waren sie unterwegs. Stimmte die
ursprüngliche Berechnung des Eselkopfes von 15 Wegtagen, so hatten
sie noch etwas Zeit für einen Schlenker. Aber sollte nicht in 7
Tagen etwas ungemein merkwürdiges in ~x,l'( tyBeî geschehen?
Sollten sie lieber etwas zu früh, als etwas zu spät kommen?
Unschlüssig fiel er in den Schlaf am Lagerfeuer, das Awnison mit
Hilfe der Wolke entzündet hatte. Im anschließenden Traum redete
Melchior Wahnsinniges zu ihm, seine Freunde schleppten einen riesigen
Korb auf die Spitze einer hängenden Pyramide und er rannte – vor
den Worten des Eselkopfes fliehend – hinter her, erreichte die
Spitze, blickte und sah im Korb Debre und Ndogo, ganz nackt, die ihm
schwere Vorwürfe machten und streng befahlen den Deckel zu
schließen. Das tat er. Neben ihm stahlen 25.000 halbnackte,
abgemagerte, aber starke ägyptische Sklaven mit den Augen alle
Sterne vom Himmel. Dabei riefen sie im erschütternden Wechselgesang
„Re re re, Re-Harachte-Atum, Re re re“. Aus einer gewissen
Verzückung heraus, konnte es Balthasar dann doch nicht lassen, den
Korb noch einmal zu öffnen. Da erblickte er eine strohgefüllte
Krippe im Stall, umgeben von zwei Ziegen. In der Nähe stand Sisisba,
der sich die Zunge leckte und so große Augen machte, als wisse er,
was es mit der Krippe auf sich hatte. Und da war der Stern, endlich,
größer und heller als alle anderen war er. So groß, dass er ihn
gerade..
Kaspar rüttelte ihn. „Meister, Du
redest im Schlaf und bist ganz Nass auf der Stirn.“ Der Traum war
an der entscheidenden Stelle unterbrochen. Balthasar schnaufte tief.
Lange blickte er in die Flammen und sagte dann „langsam wird mir
das alles zu viel, ich überlege umzukehren. Die letzen Tage waren
Erlebnis genug.“ Der Eselkopf lag unverändert in gekrümmter
Position, hatte aber die Augen geöffnet und blickte scharfsinnig auf
den jungen Farbigen. „Du brauchst Ablenkung!“ flüsterte er. „Ein
Lied!“ rief Awnison aus einiger Entfernung. Im Kreis stand er mit
Mika und Sisisba, ein Weihrauch-Knoblauch Duft umgab sie. „Nun
schön, lasst hören“ antwortete Balthasar, fast schon königlich.
Kühl und ernst stand er jetzt kerzengerade neben seinem Lagerplatz
und blickte weise in die Nacht hinaus. Die drei stimmten in einen
fröhlichen Gesang: „Immer wieder Du, ja Du, nur Du, Duuuuuuu,
immer wieder, ja ja, Du Du, Du nur, ja. Duuuuuuu, Lalala, Du nur, ja,
ja ja, Du Du. Du nur, ja.“. Kaspar trommelte dazu mit Holzscheiten
den äthiopischen Takt. Melchior brummte und tippte mit dem Fuß.
14
Gerade als Kaspar sich mithilfe seines
Schlaginstrumentes in Trance geklopft hatte, erschien eine
Lichtgestalt vor seinem inneren Auge rechts. Er pfiff zwischen die
Zähne und trommelte schwächer. Die Anderen sangen inzwischen so
laut, dass sie die Taktschläge vernachlässigten. Das Stück Licht
begann mit dem Kleinwarenhändler zu reden wie mit einem
Geistesgestörten. Kaspar lauschte und schwieg. „Du bist ein toller
Typ! Du bist ein toller Typ! DIR ist der Heiland geboren,
Klappmesser!!“ Kaspar sah die Sterne, die ägyptische Sklaven
wenige Momente zuvor in den Traumbegegnungen Balthasars vom Himmel
klaubten, in der Gestalt eines riesenhaften Schnullers über einer
Holzkrippe. Es war ein erhebendes Gefühl, voll Pathos und
Weltschmerz. Kaspar fühlte, dass er in jenem Moment erkannte, was er
viel eher hätte begreifen müssen. Nun erst wurde ihm klar, warum
man ihn diese Reise machen ließ. Er glaubte für einen Moment zu
wissen, was die Erde im Innersten zusammenhält: die Holzkrippe, der
riesige Schnuller. Kaspar erwachte, trommelte irre bis die Anderen
ihren äthiopischen Schlager unterbrachen und schrie: „Freunde, ich
muss Euch etwas sagen!! Mir ist gerade ein Engel erschienen!“
Melchior horchte auf. Wenn von einem Engel die Rede war, konnte es
etwas mit seiner Vision zu tun haben. Er kannte die Schrift und Engel
waren ihm nicht fremd. Vielleicht sollte ihnen der zarte, feminine
Mund Kaspars verkünden, warum sie sich hatten aufmachen müssen,
diese lange und anstrengende Reise auf sich zu nehmen. Kaspar: „Ich
bin Vater geworden!“ – Melchior schlug sich mit der flachen Hand
gegen die Stirn und sank in die Knie. Entweder hatte er es hier mit
einem Stümper aus einer dieser modernen Offenbarungs-Sekten zu tun,
der sich wichtig tun wollte, oder der Herr hatte ihn und die Anderen
aufgrund einer völlig belanglosen, lächerlichen Sache auf den Weg
geschickt. Die Geburt eines Kleinwarenhändlerkindes war weiß Gott
kein Grund, einen Papyrusschrieb auf dem Körper einer Entjungferten
zu (de)platzieren und daraufhin eine tagelange Wanderung zu
verordnen, wenn auch die eine oder andere bewusstseinserweiternde
Weihrauchorgie dabei gewesen war, das musste der Alte zugeben.
Balthasar indes war nicht weniger verzweifelt. Sollte das wirklich
alles gewesen sein? Er fetzte Kaspar die Federboa vom Kopf, die er
sich wieder einmal einverleibt hatte, und schnäuzte in sie hinein.
Für den Rest der Reise sollte er sie behalten dürfen...
15
Die Jungs waren verstummt. Sisisba ging
als erstes. Das sollte nun alles gewesen sein? Enttäuscht trank er
eine der beiden Ziegen leer und ging wortlos in die Wüste. Er hatte
sich selbst entlassen. Mika zeriss nun auch sein leinenes Unterhemd
und trat den Ba’alspropheten bei, die just in diesem Moment die
Kreuzung passierten. Die schwer gezeichneten Gesichter der vier
übriggebliebenen durften sich erst Stunden später ausruhen. Sie
mussten entscheiden, ob es sich noch weiterlohnt den Zielort
anzustreben. Nicht einmal Kaspar war besonders interessiert an der
Geburt seines Sohnes. In der damaligen Zeit kam so etwas einfach zu
häufig vor. Da Melchior irgendwann „nichts halbes und nichts
ganzes“ gehustet hatte, waren sie zum Entschluss gelangt am Morgen
des siebten Reisetages weiterzuziehen. Zwei Tage lang irrten sie
schlecht gelaunt umher. Sie irrten, da sich Melchiors Zustand rapide
verschlechterte. Er konnte sich an nichts erinnern. Am Horeb sahen
sie, wie sich die Wolke niederließ. Daraufhin legten auch sie sich
einen Tag nieder. Als die Wolke aber weiterhin faul blieb und wenig
Interesse zeigte weiterzuziehen, brachen sie alleine auf, um
irgendwie noch einen Sinn ihrer Unternehmung zu suchen. Faul
rumliegen war zwar nett, half aber nicht. Als sie am Tag vor der
Ankündigung Melchiors – die sich nun lediglich auf die Geburt des
Kasparsohnes bezogen hatte – endlich das Tote Meer ereichten kam es
zur Krönung: Die Bibliothekshöhlen waren in einen Alterswohnsitz
umfunktioniert worden. Der Anstaltsleiter – ein gemeiner Philister
mit dem Namen Bushehr – zeigte sich ernstlich besorgt um Melchior.
Nach wenigen Worten war dieser überzeugt zu bleiben. Balthasar,
Kaspar und Awnison konnten nicht wiedersprechen, zu gekrümmt und
hilflos sah der Eselkopf aus. Gemeinsam hoben sie ihn in eine
Hängematte im dritten Stock. Melchior legte gleich einen
Gemütlichkeitsblick auf und verabschiedete die drei mit einer
Handbewegung. Danach puzzelte er sofort an ein paar Jesajafragmenten,
die sein Vorgänger wohl in der Matte gelassen hatte und die nun
völlig in Unordnung geraten waren. Als die drei den Raum verließen
hörten sie nur noch den Ausruf „Sterne, pah, so ein Quatsch.
Brauch niemand!“.
Da der Respekt vorm Alter nun nicht
mehr gefordert war rülpste Awnison beim verlassen der Höhle Kaspar
respektlos ins Gesicht und fragte herablassend „Haste überhaupt
schon mal ne Jungfrau probiert?“. Kaspar war außer sich. Innerlich
tobte er. Balthasar sah es. „Was solls“ sagte der Fürst, „lass
es endlich einmal raus!“ Das ließ sich Kaspar nicht zweimal sagen.
Ratz fatz nahm er Awnison und knotete ihn in eine Schlinge, die
passend am Wegesrand lag. Nach fünf Minuten tat es ihm leid. Er
heulte. Doch da war es zu spät. Der Knoten war zu gut. Awnison
konnte nicht befreit werden. „Wir brauchen Hilfe“ stellte
Balthasar fest. Nach einer Weile kamen zwei Schriftgelehrte vorbei.
Die hatten das nötige Messer, wollten es aber nicht einsetzen. „Dann
müsst ihr jetzt für uns einspringen“ rief Balthasar. „Wenn
Kaspar wirklich noch nie eine Jungfrau von unten gesehen hat, ist die
Sache vielleicht doch spannender als gedacht. Sein Sohn jedenfalls
kann es dann nicht sein.“ So kam es, dass Awnison und Balthasar
ihre Kleider auszogen, um sie den Schriftgelehrten überzuwerfen.
„Ihr müsst uns vertreten. Bitte! Ich bleibe bei Awnison, bis der
Samariter kommt“ sagte der ehemalige Anführer und schmierte den
einen Schriftgelehrten mit Schuhcreme ein. „Behaupte Du bist
Balthasar, ein Negerkönig aus dem fernen Morgenland.“ Als er dem
anderen versuchen wollte zu erklären, dass er Awnison sei, schritt
der gefesselte selbst gerührt ein und sagte: „Nein, sach einfach
Du bist Melchior, der hat es verdient. Irgendwie.“ Tränenreich
verabschiedeten sich die Freunde vom zipfelmützigen Kasper. Als
Ritual nahm Balthasar Kaspar die Zipfelmütze ab und schüttete
Totes-Meer-Salz hinein, um es für später aufzubewahren. Dafür
kramte er eine Wollmütze heraus und setzte sie dem weichlichen
Kleinwarenhändler auf die Stirn. „Lebt wohl“ sprach er und hielt
fest die Hand seines gefesselten Freundes. Kaspar ging mit seinem
Warenbeutel hinter den beiden Fremden, die noch kein Wort gesagt
hatten, her und schnatterte Gänseähnlich hinter einer Kaktuskurve
„Der Samariter kommt. Bestimmt!“. Dann verschwanden die
wunderlichen Drei und gingen ihrer Wege. Die beiden Freunde aber
blieben am Wegesrand vor der untergehenden Sonne, wie um gemalt zu
werden. Balthasar wimmerte „Wenn Debre doch hier wäre..“.
Awnison tröstete ihn: „Debre, Debre. Für mich bist Du der Held
dieser Geschichte. Auch wenn Du wirklich überhaupt gar nichts
erreicht hast.“
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