Roger Kittel ist ja
zurzeit in aller Munde. Nicht nur, daß seine mittlerweile als
Bestseller zu betrachtenden literarischen Erzeugnisse die Kritiker in
ungeahnter Einigkeit zu Lobeshymnen animieren, nein, Herr Kittel
erweist sich als ein ungewöhnlich vielseitiger Autor. Dies zeigt
sich auch im Hinblick auf die literarischen Gattungen, die er
bedient: Von der Kurzgeschichte über den Kriminalroman zurück zur
Kurzgeschichte hat er bereits alle Register gezogen. Dabei wird oft
vergessen, wie das „erwachsen gewordene Nachwuchstalent“ (Wilhelm
Brannt) angefangen hat.
Nach dem Studium mußte sich Kittel, der nach eigenen Angaben eine Kindheit verlebte, mit dem Verfassen von Gebrauchsanweisungen durchschlagen. „Besonders gefragt waren Texte in absurd schlechtem Deutsch, die zu Produkten aus Asien geschrieben wurden“, verrät er im Ritt-Ins-Blau-Interview. „Aus Kostengründen wurden die Betriebsanleitungen in Sachsen-Anhalt angefertigt. Um die Verbraucher in Sicherheit über die asiatische Herkunft zu wiegen, ersannen wir das Konzept der falsch geschriebenen Betriebsanleitungen.“ Damit wäre auch dieses Rätsel gelöst.
Nach dem Studium mußte sich Kittel, der nach eigenen Angaben eine Kindheit verlebte, mit dem Verfassen von Gebrauchsanweisungen durchschlagen. „Besonders gefragt waren Texte in absurd schlechtem Deutsch, die zu Produkten aus Asien geschrieben wurden“, verrät er im Ritt-Ins-Blau-Interview. „Aus Kostengründen wurden die Betriebsanleitungen in Sachsen-Anhalt angefertigt. Um die Verbraucher in Sicherheit über die asiatische Herkunft zu wiegen, ersannen wir das Konzept der falsch geschriebenen Betriebsanleitungen.“ Damit wäre auch dieses Rätsel gelöst.
Der vorliegende Text
entstammt Roger Kittels Erstlingswerk Moderne Märchen. Es
wurde im Oktober 1970 veröffentlicht und im Heinrich-Selbst-Verlag
(heute Selbstverlag) herausgegeben. Hier zeigt sich bereits die tiefe
Verankerung Kittels in der Sprachtradition der Künstlervereinigung
„Die Künstlervereinigung“, die auf radikale Sprachvereinfachung
und letztlich „Entmystifizierung der Sprachwelt“ hinwirken
wollte. Lesen Sie selbst!
Die in vorliegendem Text
getätigten Aussagen beziehen sich auf einen Zeitpunkt, der in der
nicht näher bestimmten Vergangenheit liegt. Zentrale Figuren des
Berichts sind zwei minderjährige Personen (das Alter liegt
vermutlich zwischen 10 und 16 Jahren), deren Namen Hänsel
(Junge) und Gretel
(Mädchen) lauten. Beide gehören derselben Familie an, die
grundsätzlich nicht als problematisch anzusehen ist. Jedoch führen
finanzielle Engpässe zum Beschluss des Vaters, durch räumliche
Trennung der Kinder vom Elternhaus eine Reduzierung der Familiengröße
herbeizuführen. Nachdem dieses Vorhaben im ersten Durchlauf durch
Vorkehrungen Hänsels, der die zurückgelegte Wegstrecke, die durch
einen Forst führt, mit Steinen markiert, misslingt, steht der
Verwirklichung des Plans nach Vergrößerung der Distanz
Haus–Aussetzpunkt nichts mehr entgegen, da die Kinder nach
Ausbleiben geeigneten Materials zur Anlage von Orientierungspunkten
auf Brot zurückgreifen. Dabei wird von ihnen der Umstand übersehen,
dass zahlreiche Tiere Brot als Nahrungsmittel betrachten und die
Markierung somit eine nicht unerhebliche Nutzungsschwäche erleidet.
Nachdem durch die Kinder der Versuch, den Weg zurück
nachzuvollziehen, abgebrochen wird, erfolgt an Ort und Stelle eine
Übernachtung. Am Folgetag wird ein erneuter Versuch durchgeführt,
den Rückweg ausfindig zu machen. Dabei gerät ein Gebäude in den
Fokus der Geschwister, das einerseits verdeutlicht, dass der
eingeschlagene Weg mit dem am Vortag zurückgelegten nicht
übereinstimmt, andererseits aber aufgrund seines abweichenden
Baustils (Dachziegel sowie tragende Wände aus Lebkuchen (!)
gefertigt) das Interesse der Minderjährigen erweckt. Da die
Protagonisten einen Drang zur Nahrungsaufnahme verspüren, wird der
Beschluss gefasst, die Gebäudesubstanz zu diesem Zweck zu
dezimieren. Während der Durchführung werden sie von der
Hauseigentümerin ausfindig gemacht. Diese plant, Hänsel zum
Gegenstand eigener Nahrungsaufnahme zu machen und schließt selbigen
daher in einem durch Einfriedung abgetrennten Bereich innerhalb des
Gebäudes ein. Demgegenüber wird die Schwester gezwungen, als
Putzkraft im Haushalt zu arbeiten. Vor der geplanten Schlachtung
seitens der Hauseigentümerin (sog. Hexe)
bezweckt diese, den Leibesumfang Hänsels durch Nahrungszufuhr
auszuweiten. Zur Evaluation der Zielerreichung wird dieser
angehalten, seinen Finger zur Vermessung bereitzuhalten, da die Hexe
infolge einer Sehschwäche auf ihren Tastsinn angewiesen ist. Hänsel,
der der Zubereitung als Speise kritisch gegenübersteht, gibt nicht
den Finger, sondern Hühnerknochen zur Messung frei, so daß die Hexe
keine Fortschritte in ihrem Vorhaben feststellen kann. Aufgrund ihres
ausgeprägten Wunsches, Hänsel als Lebensmittel zuzubereiten, wird
der Beschluss gefasst, diesen trotz ausbleibenden Erfolgs der
Fettanreicherung seiner Bestimmung zuzuführen. Der zu diesem Zweck
geöffnete gebäudeeigene Ofen wird jedoch zum Zeitpunkt der geplanten
Zubereitung ohne das Wissen der Hexe von Gretel genutzt, um selbige
in die Bratvorrichtung einzuführen. Dies führt in der Folge zum
Ableben letzterer und hat die Entnahme Hänsels aus der für ihn
bestimmten Einfriedung zur Folge. Die auf diesen Zeitpunkt folgenden
Geschehnisse sind unbekannt, jedoch ist davon auszugehen, daß beide
Protagonisten unter der Voraussetzung am Leben sind, daß nicht dem
entgegenstehende Umstände eingetroffen sind.
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