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Von der Dekoration in einem Warenhaus

„Was ist das denn?“ Bruno Scheer war außer sich. „Häh? Wieso denn? Das ist meine Dekorationsarbeit“, antwortete der Lehrling. Bruno Scheer, der Chef des mittelständischen Warenhauses, sah sich die Anordnung der Gegenstände im Schaufenster genau an und wendete sich dann zum Lehrling. „Dennis, mein lieber Dennis, was um alles in der Welt hast du dir dabei gedacht, als du das Schaufenster dekoriert hast. Weihnachten steht vor der Tür, die wichtigste Zeit für unser Geschäft, und du hast die Dekorationsobjekte einfach hingeworfen. Dennis, was machst du bloß immer?“ „Aber Herr Scheer“, antwortete Dennis, „Sie haben mir doch eine genaue Anweisung gegeben, wie ich die Objekte arrangieren soll. Und so wirklich einfach war die Vorgabe nun auch wieder nicht. Ich meine, das ist halt meine Interpretation davon.“
Bruno Scheer musste lachen, es war jedoch kein von Freude getragenes Lachen, es war ein aggressives Lachen. „Dennis, willst du mich verarschen? Soweit ich mich entsinnen kann, war die Anweisung, dass das Schaufenster nach „viel“ aussehen soll. Und was hast du daraus gemacht? Du hast quasi einfach Müll ins Schaufenster geworfen und jetzt verteidigst du auch noch dein „Werk“? Mach nur so weiter, Dennis, dann bist du aber im Jahr 2001 kein angehender Raumausstatter mehr.“
Dennis war nervös, strahlte aber noch eine gewisse Souveränität aus. Er kletterte hinter die Dekoration, direkt vor das Fenster. „Herr Scheer, es tut mir leid, aber ich habe genau getan, was sie gesagt haben. Die Anweisung war, wie sie ja schon richtigerweise festgestellt haben, dass das Schaufenster nach „fiel“ aussehen soll. Und wie bitteschön soll man die Vergangenheitsform des Verbs „fallen“ als Weihnachtsdekoration in einem Schaufenster Ihrer Meinung nach darstellen, wenn nicht mit „gefallenen“ Gegenständen?“ Bruno Scheer schaute Dennis an, er verzog keine Miene. Dennis schaute Bruno Scheer ebenso an. „Dennis“, sagte Herr Scheer leise, „ist das dein Ernst? Es soll nach „fiel“ aussehen? Es soll nach „gefallen“ aussehen? Das kannst du nicht ernst meinen!“ Jetzt wurde Dennis deutlich souveräner: „Natürlich, was soll das denn sonst bedeuten?“ Der Vorgesetzte kniff die Augen zu, da die herein scheinende Sonne ihn blendete, er hielt sich die Hand vor sein Gesicht, er war sauer: „Wenn etwas nach „viel“ aussehen soll, dann soll es halt was hermachen, es soll einiges bieten oder wie auch immer. Das ist halt so eine Redewendung. Man muss schon sehr böswillig sein, um diese falsch zu verstehen.“ Auch Dennis wurde von der Sonne geblendet. „Ja gut, so kann man das auch sehen, aber meine „Übersetzung“ ist doch deutlich näherliegend, finde ich. Tut mir leid, Herr Scheer, wären wir vom gleichen Begriff ausgegangen, hätte ich das wohl anders gemacht. Aber was sagen Sie nun zu meiner Interpretation des Begriffes „Fiel“. Sehen Sie mal, das sieht doch alles wirklich aus, als wäre es gefallen, dabei ist es akribisch so hingelegt worden von mir, nichts ist hier tatsächlich gefallen. Das ist doch wohl Dekorationskunst auf höchstem Niveau.“ Dennis war wieder deutlich entspannter, da er dachte, sein Chef fände dieses Missverständnis ebenso lustig wie er. Doch Herr Scheer war sauer und die ihn blendende Sonne machte ihn noch saurer „Jetzt hör mal zu! Du nimmst dir wirklich ein bisschen viel raus, Dennis. „Dekorationskunst“ ist das schon gar nicht, wenn etwas so aussieht, als sei es gefallen.“ Die Sonne blendete jetzt noch erheblich stärker, sodass Herr Scheer ausflippte: „Diese Scheißsonne war doch eben noch nicht da! Bau den ganzen Krempel wieder ab und mach was Ordentliches!“ Er blickte auf seine Armbanduhr, dann hielt er sich wieder die Hand vor die Augen. „Es ist jetzt 18 Uhr, heute können wir sowieso nichts Sinnvolles mehr machen, also mach, was du willst, ich guck mir das dann in einer halben Stunde an.“ Auch Dennis konnte kaum noch schauen, des grellen Lichtes wegen. „Ja, gut“, sagte er.
Herr Scheer verschwand in den Keller, Dennis räumte seine Dekoration fort. Er stellte sich vor die leere Präsentationsfläche und überlegte. „Hmm, ich soll machen, was ich will ... Na dann ...“ Dennis schien viele Ideen zu haben, doch die untergehende Sonne blendete und blendete immer stärker, selbst die auf der Straße laufenden Menschen hielten sich allesamt die Hände vor ihre Gesichter.
Nach einer halben Stunde kam Herr Scheer wieder, er war gespannt, wie Dennis seinen Auftrag, zu machen, was er wolle, umgesetzt hatte. Auch war er wieder besser gelaunt. Noch bevor er Dennis' Ausführung sah, sagte er: „Na, bei meinem jetzigen Auftrag sollte es keine Unklarheiten geben, der war ja nun völlig frei.“ Er ging um die Begrenzung herum, stieg über die Heizung und stand nun vor der Dekoration. Er war erschrocken, die Sonne war dermaßen hell, dass er kaum mehr etwas sehen konnte. „Dennis, das ist „Mach was du willst“! Ich dachte ja, diese Formulierung ließe den größtmöglichen Spielraum zu, doch jetzt weiß ich, dass „Mach was du willst“ nur eine Sache sein kann und das hast du hier gemacht. Das ist die dekorative Darstellung von „Mach was du willst“, Wahnsinn.“ Die Sonne schien und schien immer heller zu werden, Dennis freute sich: „Danke, Herr Scheer, können wir vielleicht aber kurz hier aus dem Schaufenster gehen, die Sonne blendet so furchtbar.“ „Ja natürlich“, entgegnete Herr Scheer. Beide stiegen aus dem Schaufenster heraus, hinter ein Regal. „Tja Dennis, das hast du wirklich gut gemacht. Heute gibt’s nichts mehr zu tun, du kannst nach Hause gehen, ist ja Wochenende. Da triffst du dich doch bestimmt mit Freunden?“ Dennis war diese persönliche Frage sehr unangenehm, deshalb versuchte er mit einer erlogenen Antwort sein Unwohlsein zu überspielen: „Neenee, ich les' das ganze Wochenende die neueste Ausgabe von „Polster und Teppich“, diesem tollen Deko-Magazin für Innenausstatter. Da ist dieses Mal ein Interview mit Harri Leemen drin, dem Begründer der Flurdekoration. Das war ja ewig kein Thema für Dekorateure, da der Flur als zu unwichtig galt, naja und so...“
„Ja, die „Polster und Teppich“ habe ich auch abonniert. Seit der ersten Ausgabe sammel' ich die, naja, dann sehen wir uns am Montag.“
Dennis holte seine Sachen aus der Umkleidekabine und ging nach Hause, in den grellen Sonnenschein.

Kommentare

Horsten Rööps hat gesagt…
Was zum ... Was hat er denn nun gemacht? Wie ist denn die einzig mögliche Definition von "Mach was du willst"?
Reuter Manz hat gesagt…
Ja, was bedeutet das alles? Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache ...
Kakke Haissen hat gesagt…
Vielleicht haben Sie nur eine schlimme Krankheit?
Diedrich Muller hat gesagt…
Ja, das könnte auch sein. Oh Mann, daß ich da nicht selbst drauf gekommen bin!
Kakke Haissen hat gesagt…
Wieso haben Sie auf einmal einen anderen Namen?
Karl Der Tierpfleger hat gesagt…
Ach, und Sie hießen nicht zuerst Horsten Rööps?
Kakke Haissen hat gesagt…
Na gut, stimmt. Ich wollte ebend ironischerweise darauf aufmerksam machen, daß sie kacke heißen.
Würglian Schuppenstich hat gesagt…
Das ist aber nicht nett von Ihnen! Und vor allem: Fassen Sie sich mal an die eigene Nase!
Gisela Lurigk-Meische hat gesagt…
Ach, was haben wir doch für eine geistreiche Leserschaft! Die ZEIT wäre neidisch.
Gisela Lurigk-Meische hat gesagt…
Nun ... Womöglich ... Sind sie aus lauter Arroganz noch nicht auf uns aufmerksam geworden.
Kakke Haissen hat gesagt…
Da haben Sie ja noch mal die "Kurve" gekriegt!
Kakke Haissen hat gesagt…
P.S. Sie heißen auch kacke!
Christoph Teusche hat gesagt…
Immer schön friedlich bleiben!
Gisela Lurigk-Meische hat gesagt…
Jetzt verteidigen Sie mich doch mal! Sie sind mir ja ein Chef! Es stimmt wohl, was Herr Fahrenschon über Sie rumerzählt!
Kakke Haissen hat gesagt…
Ich habe das mit dem "Kackeheißen" nicht böse gemeint, es ist nur eine neutrale Beobachtung von mir.
Christoph Teusche hat gesagt…
Sie sind jetzt mal still bitte, Herr Rööps, Sie haben mir schon genug Ärger eingebrockt. Frau Lurigk-Meische, was genau hat Herr Fahrenschon über mich gesagt?
Hallo, wir vom Jugendklub Saarlouis rockt! finden die Geschichten vom KREM ganz toll! Salut aus dem Saarland (Deutschland).
Christoph Teusche hat gesagt…
Und ein fröhliches "Hallo" zurück! Sie sprechen sehr gut deutsch!
Gisela Lurigk-Meische hat gesagt…
Das darf ich nicht sagen. Fragen Sie das man besser ihn.
Christoph Teusche hat gesagt…
Rüdiger: Was hast du über mich rumerzählt?
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Hallo Christoph,
ich möchte ungern im Rahmen eines Gespräches per Kommentarfunktion von deiner Freistellung sprechen. Das verstehst du oder?

Übrigens: Ich habe schon wieder das Passwort verbummelt, kannst du mir da weiterhelfen? Das sieht irgendwie komisch aus, wenn der NEUE Chefredakteur keinen Zugang mehr zu seinem Account hat :-)
Rolf Teusche hat gesagt…
Du Arschloch, lass meinen Halbbruder mal schön in Ruhe, ja!!! Du hast gar nicht das Recht, den zu entlassen. Der ist superschlau und weiß mit Leuten wie dir umzugehen!!!
Christoph, bei mir ist wieder ein bisschen Ebbe, außerdem hat Maike mich verlassen, wir müssen mal reden.
Christoph Teusche hat gesagt…
Ach Rüdi, das ist immer wieder lustig. Daß wir so gut zusammenpassen wie Feuer und ... äh ... so eine Art feindliches Gegenfeuer, was das andere immer wieder sabotiert, dürfte sich jetzt auch beim letzten Leser rumgesprochen haben.
Der letzte Leser hat gesagt…
Na toll ... Spoiler alert!
Christoph Teusche hat gesagt…
Rolf, der will nur spielen! Und zu deiner Situation! Komm du mir nach Hause! Also, das meine ich wörtlich. Wir sehen uns ja Heiligabend bei uns zu Hause, da können wir über alles reden.
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Frohe Weihnachten euch allen!
Christoph, verpiss dich aus unserem Redaktionswald!!!
Du bist entlassen!!!!!!!!!!

PS: Könntest du mir jetzt viellciht noch das Passwort geben, ich kann mich nach wie vo nicht einloggen :)
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Christoph, glaube diesem "Rüdiger Fahrenschon" nicht, das ist ein Fake-Account. Ich bin der echte und ich habe auch nicht vor, dich zu entlassen...warum auch? Oder gäbe es gute Gründe? Naja, das soll uns erst nach Weihnachten beschäftigen :-)

Ich hoffe, du hast dem Mistkerl noch kein Passwort gegeben...

Tut mir leid, daß ich das alles erst jetzt mitbekomme, ich habe nämlich von Freitag bis heute durchgeschlafen. Beim Frühstück am Freitag habe ich ein hartgekochtes Ei im ganzen mit Schale gegessen und dann bin ich wohl ziemlich müde geworden...ich habe eben schon wieder das gleiche gemacht und ich merke auch, daß ich wieder ziemlich müde werde...
Anonym hat gesagt…
Weshalb blendet in dieser eher so mittelmäßigen Geschichte eigentlich die Sonne ständig die Protagonisten?
Jonas Haut hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Tut mir sehr leid, daß dieser Kommentar von Jonas Haut "zensiert" wurde, er war jedoch,
das kann man nicht einfach weg diskutieren, zu "kritisch"

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