Direkt zum Hauptbereich

In einem Leuchtturm, Teil I

Bernd saß wie immer in seinem Leuchtturm, da oben, über der Lampe, die aufs Meer strahlt. Vor fünf Minuten hatte der Leuchtvorgang begonnen. Bernd sah auf die Weite des Meeres. Auf hoher See harrte er aus, ob dem Leuchtturm etwas passierte, es war nämlich ziemlich wilde See meistens, und wenn was passierte, wenn die Lampe zum Beispiel kaputt ging, dann drohten die Schiffe hier auf Grund zu laufen. In so einem Fall würde Bernd die Notbeleuchtung einschalten, um die Schiffe zu warnen, während er die Behörden verständigte. In so einem Fall hätte Bernd viel zu tun. Aber das war noch nie passiert. Der Rest der Zeit war weniger aufregend. Dennoch mochte er seine Arbeit. So eine kleine Wohnung im Leuchtturm war schon was Feines, sogar auf zwei Etagen, und am Fuße des Leuchtturms, auf der kleinen Insel, auf der dieser stand, war noch ein Haus. Momentan war der Sturm allerdings zu stark, die Wellen peitschten über die Insel. Er mochte dieses Wetter. Und eigentlich hatte er auch nichts gegen die Einsamkeit.
Auf Dauer war es aber doch etwas zu einsam geworden. Deshalb war er nun nicht mehr allein. Seit einem Jahr wohnte Michael auch hier. Sie versahen den Dienst gemeinsam. Denn wenn einem langweilig wurde, neigte man, besonders nachts, dazu, einzuschlafen. Dann konnte der Leuchtturm nicht mehr überwacht werden. Daher wurde Bernd nach längerem Bitten eine zweite Stelle bewilligt. Er hatte noch die komplette nautische Ausbildung durchlaufen, aber im Laufe der Zeit war dieses Wissen überflüssig geworden. Er fühlte sich trotzdem als letzter richtiger Leuchtturmwärter.
Michael kam herein, er brachte Tee mit Rum mit. Das war das Stammgetränk der Leuchtturmwärterzunft. Früher hatte es durchaus einen Nutzen, weil es auf so einem Leuchtturm schon mal kalt werden konnte. Heute war natürlich eine Heizung eingebaut, aber trotzdem war Tee mit Rum gemütlich. Ihr fragt euch, ob die beiden alkoholisiert arbeiten konnten? Anscheinend schon. Es war ja auch nicht das erste Mal, daß sie gemeinsam tranken. Vermutlich waren sie bereits an den Alkohol gewöhnt, ein branchenspezifisches Problem vermutlich aller Menschen, die mit Seefahrt und Meer zu tun haben, jedenfalls früher.
Michael hatte sich heute schick gemacht. Bernd mußte lachen, denn er trug seine Matrosenuniform. Er sah schon etwas albern darin aus. Aber eigentlich wirkte sein Auftreten nicht amüsiert, vielmehr angespannt. War heute ein besonderer Tag? Hatte Bernd etwa seinen Geburtstag vergessen? Das wäre zu peinlich!
Aber nein, das war es nicht. Michael hatte doch neulich erst Geburtstag gehabt. Im Mai oder so. Welcher Monat war denn jetzt? Den Wetterverhältnissen nach zu urteilen mußte es Herbst sein. Letztens hatte doch seine Mutter Geburtstag gehabt … Was wollte Michael nur mit dieser Kleidung?
Michael saß inzwischen in der Sitzgruppe, aber sehr unentspannt. Er sah ein bißchen aus wie jemand, der beim Amt saß und darauf wartete, aufgerufen zu werden. Auf die Matrosenlizenz, dachte Bernd grinsend, denn für das Amt würde man wohl, hätte man die Absicht, sich extra schick zu machen, etwas anderes anziehen. Michael hob an und stammelte: „Äh, Bernd, hallo...“ Er guckte unkonzentriert auf den Boden aus Metall. Das war der Nachteil, daß der Boden immer so schepperte, wenn Bernd in seinen Clogs darüberschurrte. Gut, er könnte auch andere Schuhe anziehen, aber er bildete sich ein, daß die gut für seine Füße seien. „Hallo Michael, was’n los? Hast du deine Matrosenlizenz nicht bekommen, hihi?“ Michael sah ihn ratlos an. Ja, hasse mich für den Witz, er war wirklich schlecht, dachte Bernd.

Michael kam gerade aus dem Keller. Er hatte eigentlich im Haus übernachten wollen, aber da der Sturm heraufzog, war er schließlich in den Leuchtturm gegangen, um dort zu übernachten, dort war es ruhiger. Er war in den Keller gegangen, um die Meßinstrumente abzulesen. Denn eigentlich wollte er nicht schlafen.
Seit er hier war, fühlte er sich sehr stark zu Bernd hingezogen. Bernd war sehr männlich, er trainierte täglich in einem provisorischen Sportraum im Haus, sein Gesicht war wettergegerbt und von Lebenserfahrung gezeichnet, gleichzeitig strahlte er eine ungeheure Gutmütigkeit aus. Er konnte auch gut kochen. Einmal im Monat kam ein Versorgungshubschrauber, außerdem hatten sie ein Boot, mit dem sie bei gutem Wetter zum nächstgelegenen Küstenort fahren konnten, um Besorgungen zu machen oder bei Fiete mal einen Kleinen zu trinken.
Während er es sich in seiner Schlafkoje gemütlich machte, überlegte er einmal mehr, ob er nicht doch einmal Bernd ein Geständnis machen sollte. Er meinte, Zeichen zu erkennen, die die Annahme rechtfertigten, daß Bernd einem amourösen Abenteuer nicht abgeneigt wäre. Es war hier ja auch so einsam, da sehnte man sich doch nach Zweisamkeit.
Was aber, wenn er sich irrte? Michael war in Gedanken immer wieder die Szene durchgegangen und hatte alle möglichen Antworten vorweggenommen, wobei Bernd im Laufe der Zeit immer öfter die Liebe erwidert hatte. Was sollte Bernd denn machen? Er hatte im Grunde nichts zu verlieren. Und die beiden verstanden sich doch prächtig. Er konnte ja auch einfach so tun, als ob es ein Scherz gewesen war, wenn Bernd nicht so reagierte wie erhofft.

Alle Teile "In einem Leuchtturm"

Kommentare

Ralf hat gesagt…
wie geht es denn nun weiter?
caroline hat gesagt…
blablabla... der schwule nimmt seine schwulheitskräfte und fliegt dann davon
Christoph Teusche hat gesagt…
Liebe Caroline, bitte halten Sie sich an die "Netikette", oder wie das heißt. Als Vorsitzender einer ausnahmslos schwulen Redaktion bin ich ein bißchen beleidigt.
Justus Matereit hat gesagt…
Also ich bin nicht schwul...
Christoph Teusche hat gesagt…
Bist du sicher?
Werner Lügner hat gesagt…
Was soll das denn bitte? Ich bin auch nicht schwul!!!
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Klarstellung der Redaktion "DER KREM":

Bitte halten Sie sich an angemessene Umgangsformen.
Des weiteren möchte ich klarstellen, dass niemand in der Redaktion schwul oder nicht schwul ist.

Und Christoph, was soll das?
Christoph Teusche hat gesagt…
Der große Häuptling hat gesprochen ;-)
Rüdiger Fahrenschon hat gesagt…
Mein lieber Christoph, wieso beleidigst du deine Redaktion?
Du bist ein herausragender Autor und Journalist!
Hast du das nötig? Ich denke nicht.
Hellmuth Weimer hat gesagt…
Der Christoph muss weg! Er hat mich getötet!
Christoph Teusche hat gesagt…
Wenn ich Sie erwische, Sie Hellmuth-Weimer-Imitat! Das ist pietätlos! Und Rüdi, ich wollte niemanden beleidigen, aber hier wird einem ja immer das Wort im Munde umgedreht!
Betonmann hat gesagt…
um nochmal zu dem wettbewerb zurückzukommen:
der leuchtturm stürzt ein und die schwulis werden drunter begraben.

hab ich jetzt gewonnen?
Wetten dass hat gesagt…
dass alles fake ist hier? Ich hab mal n paar namen gegooglet. Es gibt gar keinen Christoph Teusche. Wenn der so eine Nummer ist dan müsste man doch was finden.
Christoph Teusche hat gesagt…
Hiermit stelle ich fest: Es gibt mich!

Beliebte Posts aus diesem Blog

Der Herr des Rings

Es war einmal ein Land, das war nicht von dieser Welt. Es lag im Gestern, hinter dem Schleier oder, sagen wir, zwischen Donnerstag und Freitag. Die Wesen in diesem Land waren keine Menschen, aber doch menschenähnlich, jedoch mit einer körperlichen Abweichung, in etwa von der Art wie zwei Widderhörner auf der Stirn. In diesem Land lebte auch Theuro. Theuro hatte keine Widderhörner. Seine Eltern machten sich Sorgen um ihn. Nicht nur, daß er anders aussah als die anderen, er lebte auch in einer anderen Welt – im übertragenen Sinne diesmal. Theuro gab nichts auf die zahlreichen Konventionen, er konnte nichts und niemanden ernstnehmen. „Junge, dir wird großes Unheil widerfahren“, das waren die Worte der Mutter, wenn er mal wieder die ungeschriebenen Regeln des Zusammenlebens gebrochen hatte. „Mir schwant Übles“, pflichtete ihr dann der Vater bei. Eines Tages ging Theuro sein Einhorn ausführen, da traf er am Wegesrand eine Fee. Feen waren nichts Ungewöhnliches in dem Land, in dem Theuro

Zwei Jahre DER KREM

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kinder! Es ist mir – davon bin ich überzeugt – eine Ehre, heute hier an meinem Computer zu sitzen und Ihnen diese Rede zu schreiben. Als technikaffiner Akademiker mit Do-it-yourself-Mentalität stehe ich dem Internet offen gegenüber. Mehr noch: Als Mensch ohne Migrationshintergrund bin ich (auch fachlich) interessiert, wie Informationsströme Grenzen überwinden und dabei soziale Prozesse auslösen. Damit nicht genug: Als besorgter Bürger mache ich mir Sorgen um unsere Sicherheit. Praktisch: Als gelernter Hubschrauberpilot kann ich Hubschrauber fliegen. Heute aber spreche ich zu Ihnen als der Techniksoziologe, der sich mit Leib und Seele der Techniksoziologie verschrieben hat. Gestatten, mein Name ist Kiter Verbel.

Die Gitarre

Am 17.02.2011 ging Walther Benarsky in Sölden zu dem Gitarrenbauer Franz Merten. Benarsky betrat den Laden, schaute sich ein wenig um, freute sich und schritt sodann zum Verkaufstresen: „Guten Tag, mein Name ist Benarsky, wir hatten telefoniert.“ Darauf der Gitarrenbauer: „Benarsky, Benarsky, genau, Benarsky! Tut mir leid, ich war gedanklich noch woanders. Genau, ich hole gleich mal ihre Gitarre, sie ist tatsächlich erst gestern Abend fertig geworden. Aber schön ist sie.“ Sodann verschwand er in einen kleinen Hinterraum. Er pfiff fröhlich die Melodie des Horst-Wessel-Liedes.